Besser mal zum Augenarzt – Vorsorge hilft!

Informationsangebot
für Menschen, die sich um die Gesundheit ihrer eigenen Sehkraft informieren wollen

Sehen zu können, ist für viele Menschen die wichtigste Sinneseigenschaft. Doch zahlreiche Augenerkrankungen bedrohen diese Fähigkeit. Werden sie zu spät erkannt oder bleiben sie unbehandelt, kann das Sehvermögen leiden oder es kommt sogar zum vollständigen Sehverlust.

In den folgenden Beiträgen haben wir für Sie Informationen zu Sehproblemen und Augenkrankheiten zusammengestellt.
Sie finden hier die drei häufigsten Augenerkrankungen, ihre Symptome und die Möglichkeiten der Behandlungen.

Auch über neueste Meldungen rund um die Augengesundheit und interessante Informationen zum Schutz Ihres Augenlichtes finden Sie auf dieser Seite.

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Menschen Sehstörungen bewusst zu machen, die bereits der Anfang von ernsthaften Erkrankungen des Auges sein können.
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Anzeichen für Sehverlust erkennen –
Was Sie über die häufigsten Erblindungsursachen wissen sollten

Das Glaukom, umgangssprachlich auch „Grüner Star“ genannt, ist eine weit verbreitete und schwerwiegende Erkrankung des Auges.

AMD – Es wird zunehmend schwerer oder gar unmöglich, zu lesen, Gesichter zu erkennen oder eine Armbanduhr zu entziffern

Die Diabetische Retinopathie – Gefährliche Folgeerkrankung des Diabetes. Wenn der Diabetes das Augenlicht gefährdet


Auge goes Wacken – Unsere Kampagne erschließt sich neue Fans

Stiftung Auge und Wacken Foundation gründen Vorsorge-Partnerschaft für das größte Matal-Festival der Welt – Wacken 2025.
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Unsere Info-Broschüren für die meisten Augenkrankheiten im Überblick

Hier gelangen Sie zu unseren informativen Patientenbroschüren, die Sie sich als PDF-Dateien herunterladen können.


Implantate erleichtern Therapie bei AMD (altersabhängiger Makuladegeneration) – neue Darreichungsform für AMD-Medikament 

Eine AMD führt häufig zu Sehverlust, vor allem die sogenannte feuchte Form der Erkrankung. Glücklicherweise lässt diese sich gut mit Medikamenten behandeln und die Sehkraft erhalten, sofern sie rechtzeitig erkannt wird. Die Wirkstoffe werden bislang mit Spritzen direkt ins Auge injiziert. Das ist für viele Patientinnen und Patienten unangenehm, zudem müssen die Injektionen häufig wiederholt werden. Mit einem dauerhaften Implantat im Auge, das den Wirkstoff kontinuierlich abgibt, könnte sich dies ändern.  

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) geht unbehandelt mit schweren Sehverlusten einher, besonders bei der feuchten Form. Dabei wachsen neue Blutgefäße in die Netzhaut im Bereich der Makula ein, was Blutungen, Schwellungen und Vernarbungen und somit auch einen Sehverlust nach sich zieht. Um dies zu verhindern, wird diese Form der AMD durch die Gabe von sogenannten VEGF-Inhibitoren behandelt. Der Medikamentenwirkstoff hemmt den Wachstumsfaktor, der zur Gefäßneubildung und zum Austritt von Flüssigkeit beiträgt. Bisher wurde der Wirkstoff immer durch Spritzen verabreicht, doch mit dem „Port Delivery System“ (PDS) steht eine neue Behandlungsmethode zur Verfügung.

Was ist das „Port Delivery System“ und wie funktioniert es?
Dabei handelt es sich um ein Implantat, welches chirurgisch dauerhaft mit Verankerung in der Augenhöhle eingesetzt wird. Dieses enthält ein nachfüllbares Reservoir, das man sich wie einen Behälter vorstellen kann, welcher den VEGF-Hemmer Ranibizumab kontinuierlich und exakt dosiert ins Innere des Augapfels und damit auch in die Makula abgibt. Durch die konstante Wirkstoffabgabe lassen sich sehr gute Behandlungserfolge erzielen und ein Sehverlust vermeiden. Nach frühestens sechs Monaten muss das Implantat neu aufgefüllt werden. Für die Patientinnen und Patienten stellt dies eine deutliche Erleichterung im Vergleich zur bisherigen Wirkstoffinjektion mit Spritzen dar. Das Spritzen verläuft normalerweise schmerzfrei, ist aber dennoch unangenehm für viele Erkrankte. Zudem ist es für viele Patientinnen und Patienten aufwändig, die häufige Wiederholung der Behandlung in den Alltag zu integrieren. Bisher werden VEGF-Hemmer für gewöhnlich alle vier bis alle zwölf Wochen injiziert. Die Abbruchquote bei dieser Therapie liegt laut der Fachgesellschaft EURETINA bei etwa 40 Prozent. Der Abbruch der Behandlung geht mit einer deutlichen Sehverschlechterung einher. Das PDS kann hier eine Erleichterung darstellen und das Sehvermögen schützen: Die Betroffenen müssen nicht mehr so häufig wie bei der Spritztherapie zum Augenarzt, weil das PDS den Wirkstoff automatisch ans Auge abgibt. Mehr als 90 Prozent der Patientinnen und Patienten, die mit beiden Methoden therapiert wurden, bevorzugen das PDS.   

Wie weit ist die Therapie entwickelt?
Das PDS befindet sich derzeit noch in der Entwicklung und wurde bereits erfolgreich in Phase-III-Studien getestet. Diese beschreibt eine von vier Phasen in klinischen Studien, in denen neue Therapien untersucht werden. In Phase III wird die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments erprobt. Dabei handelt es sich fast immer um Vergleichsstudien. Das heißt, dass eine Gruppe von Personen das neue Medikament erhält und eine Kontrollgruppe eine andere, bereits bewährte Behandlung erhält. Verlief dies ohne größere Nebenwirkungen und war die neue untersuchte Therapie wirksam, folgt als nächster Schritt eine Marktfreigabe. Das PDS konnte in diesen Studien die Sehkraft genauso gut erhalten, wie die bisherige konventionelle Spritzentherapie. In Zukunft könnte das Implantat wohl auch mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden und auch bei der Behandlung des diabetischen Makulaödems oder der diabetischen Netzhauterkrankung eingesetzt werden. 

Quellen:

Stiftung Auge, Pressemappe zur Pressekonferenz am 1. Juni 2022, Jun. 2022: https://stiftung-auge.de/files/2022/06/Pressemappe_PK_2022_Stiftung_Auge.pdf 

Adamis AP, de Juan E Jr. Development of the Port Delivery System with ranibizumab for neovascular age-related macular degeneration. Curr Opin Ophthalmol. 2022 Mar 9: https://journals.lww.com/co-ophthalmology/Fulltext/2022/05000/Development_of_the_Port_Delivery_System_with.2.aspx  

Holekamp NM, Campochiaro PA, Chang MA, Miller D, Pieramici D, Adamis AP, Brittain C, Evans E, Kaufman D, Maass KF, Patel S, Ranade S, Singh N, Barteselli G, Regillo C; all Archway Investigators. Archway Randomized Phase 3 Trial of the Port Delivery System with Ranibizumab for Neovascular Age-Related Macular Degeneration. Ophthalmology. 2022 Mar;129(3):295-307: https://www.aaojournal.org/article/S0161-6420(21)00734-X/fulltext 

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Wie funktionieren klinische Studien?, Juli 2022: https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/wie-funktionieren-klinische-studien-6877.php 


Computer als neue Sprechstundenhilfe –
Künstliche Intelligenz (KI) hilft bei der Diagnostik von diabetischer Retinopathie

Wird eine diabetische Retinopathie nicht frühzeitig erkannt, kann sie zu einem dauerhaften Sehverlust führen. Deshalb ist es wichtig, dass die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert wird, um eine Behandlung rechtzeitig einzuleiten und Sehverluste zu vermeiden. Gerade in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen könnte KI effizient und kostensparend in der Diagnostik unterstützen. Aber auch in Deutschland könnte die neue Untersuchungsmethode eine Vereinfachung im ärztlichen Alltag darstellen.

Bei der diabetischen Retinopathie kommt es in Folge der stark erhöhten Blutzuckerwerte bei einer Diabetes-Erkrankung zur Schädigung der filigranen Blutgefäße in der Netzhaut, auch Retina genannt. Häufig kommt es dabei auch zum Austritt von Flüssigkeit in das angrenzende Gewebe, zu Schwellungen und Ablagerungen in der Netzhaut und schließlich zum Funktionsverlust der Sehzellen.

Die diabetische Retinopathie wird durch eine Untersuchung vom Augenarzt diagnostiziert. Im ersten Schritt der Diagnostik misst dieser die Sehstärke und untersucht mithilfe einer Augenspiegelung den Augenhintergrund. Wenn eine diabetische Retinopathie vorliegt, zeigen sich erste Veränderungen in der Netzhaut, auch wenn noch keine Symptome auftreten. Häufig ist es so, dass die Erkrankung im frühen Stadium noch nicht zu Sehstörungen führt und Betroffene dadurch nicht bemerken, dass sie unter einer diabetischen Retinopathie leiden. Viele Betroffene suchen leider erst einen Augenarzt auf, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist und Seheinschränkungen spürbar sind.

Wie kann KI als neue Untersuchungsmethode unterstützen?

Eine frühe Diagnose und Behandlung können jedoch vor Erblindung schützen. Daher ist es wichtig, regelmäßige Augenarzttermine wahrzunehmen – auch vor dem Auftreten einer Sehverschlechterung. Um in der frühen Diagnostik zu unterstützen und erste Anzeichen der Erkrankung zu erkennen, haben Forschende im Rahmen verschiedener Studien Fortschritte durch computergestütztes Screening von Netzhautfotografien erzielt. Die Krankheit ist insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ein häufiger Grund für Erblindung. Gerade dort könnte das Screening mit Künstlicher Intelligenz (KI) helfen, mehr Menschen Zugang zu einer schnelleren Diagnose zu ermöglichen.

Wie effizient ist die Methode im Vergleich zur Untersuchung durch Mitarbeitende?

Erprobt wurde dieses Verfahren beispielsweise schon in Thailand: Hier haben Wissenschaftler die Anwendbarkeit von KI zur Diagnose von diabetischer Retinopathie in der Praxis untersucht. In einer mehrjährigen Studie, die 2022 in der Fachzeitschrift The Lancet Digital Health erschien, werteten sie die Daten von mehr als 2000 Patientinnen und Patienten aus. Bei diesen Studienteilnehmenden mit bereits registriertem Diabetes fotografierten die Forscher den Augenhintergrund. Die KI wertete diese Fotografien dann auf Veränderungen in der Netzhaut hin aus. Außerdem sahen sich Retinaspezialisten zur Kontrolle jedes der Bilder an. Beim Vergleich der Diagnose-Genauigkeit von KI und ärztlichem Mitarbeiter schnitt die KI dabei insgesamt besser ab.

Geeignet für die Praxis?

Auch in Deutschland untersuchten Forscher einer diabetologischen Schwerpunktklinik ein 2018 auf dem Markt erschienenes KI-Screening-Verfahren auf seine diagnostische Genauigkeit hin. Dort stimmten die Diagnose der KI und der Augenärzte in mehr als 50 Prozent der Fälle überein, wobei die KI häufiger eine falsche Diagnose stellte, wenn keine Erkrankung vorhanden war. Zudem gab es hier noch relativ häufig Probleme bei der Fotografie der Netzhaut, weshalb keine guten Bilder für das Screening vorlagen. Da eine Unterdiagnostizierung den Autoren zufolge jedoch eher nicht zu befürchten ist, sei die Methode aber grundsätzlich geeignet für die Praxis. Sie könnte die Untersuchung vereinfachen und beschleunigen, wodurch möglicherweise mehr Risikopatienten Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen würden. Daher ist durchaus denkbar, dass KI zukünftig häufiger bei der Diagnostik eingesetzt wird.

Quellen:

The Lancet Digital Health, Artificial intelligence deployment in diabetic retinopathy: the last step of the translation continuum. Apr. 2022: https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(22)00027-9/fulltext?dgcid=raven_jbs_etoc_email

The Lancet Digital Health, Real-time diabetic retinopathy screening by deep learning in a multisite national screening programme: a prospective interventional cohort study. Apr. 2022: https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(22)00017-6/fulltext?dgcid=raven_jbs_etoc_email#seccestitle160  

Die Ophthalmologie, Einsatz von künstlicher Intelligenz im Screening auf diabetische Retinopathie an einer diabetologischen Schwerpunktklinik. Jan. 2022: https://www.springermedizin.de/diabetische-re


Grüner Star (Glaukom) bei Kindern

Glaukom bei Kindern und Jugendlichen

Die Erkrankung kommt zwar seltener vor als bei Erwachsenen, doch auch jüngere Menschen können an einem Glaukom erkranken. Statistisch gesehen ist in Deutschland eines von 10.000 Kindern davon betroffen. Erste Anzeichen können stark vergrößerte Augen, Lichtscheu oder Schwierigkeiten beim Lesen sein.

Das Glaukom, auch als „Grüner Star“ bekannt, beschreibt eine Augenerkrankung, bei der der Sehnerv geschädigt wird. Der häufigste Grund ist ein erhöhter Druck im Inneren des Auges. Dieser entsteht, wenn das sogenannte Kammerwasser nicht richtig aus dem Augeninneren abfließen kann. Die charakteristischen Schäden am Sehnerv können aber auch bei einem normalen Augeninnendruck entstehen. Obwohl die Erkrankung vor allem bei älteren Menschen vorkommt, kann sie in seltenen Fällen auch Kinder und Jugendliche treffen. Die Betroffenen werden je nach Alter in unterschiedliche Gruppen eingeteilt. Erkranken Kinder vor dem zweiten Lebensjahr, sprechen Fachleute von einem kongenitalen, das heißt angeborenen, Glaukom. Tritt der Grüne Star im Alter zwischen 2 und 18 Jahren auf, wird er als juveniles Glaukom und im Alter von 18 bis 40 Jahre als spätjuvenil bezeichnet.

Wie oft tritt das Glaukom bei jüngeren Patienten auf?

In Deutschland wird eines von 10.000 Babys mit einem Grünen Star geboren. Das ist ein Ergebnis der groß angelegten Gutenberg-Gesundheitsstudie aus Mainz. Vor allem aufgrund seiner Seltenheit bei jüngeren Patienten wird der Grüne Star jedoch häufig nicht direkt erkannt. Ein Grund: Babys und Kleinkinder können noch nicht richtig mögliche Beschwerden wie eine Sehverschlechterung angeben. Doch gerade bei ihnen ist es besonders wichtig, einen Sehverlust zu verhindern, auch um Einschränkungen in der Entwicklung und Behinderung über das gesamte Leben zu vermeiden.

Wer hat ein erhöhtes Risiko für eine Glaukom-Erkrankung im jungen Alter?

Kinder, deren Eltern bereits an einem Glaukom erkrankt sind, haben ein erhöhtes Risiko. Das gleiche gilt für Kinder mit Augenerkrankungen wie Linsentrübungen oder anderen Augenerkrankungen wie Entzündungen. Auch wenn die Eltern in einem engen Verwandtschaftsgrad zueinander stehen, erhöht dies das Glaukom-Risiko.

Was sind erste Anzeichen für ein Glaukom bei Kindern?

Ein häufiges Merkmal für ein Glaukom bei Kindern sind auffällig große Augen. Da die Lederhaut des kindlichen Auges noch deutlich weicher ist, vergrößert und dehnt sich das Auge bei erhöhtem Augeninnendruck stärker als bei Erwachsenen. Ein Besuch beim Augenarzt ist auch dann angebracht, wenn das Kind sehr lichtscheu ist, stark blinzelt, häufig tränende Augen hat oder die Augen auffällig wachsen. Wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, zeigt sich eine Eintrübung der Augenhornhaut. Dann ist allerdings oft ein unumkehrbarer Sehverlust eingetreten. Nicht selten fällt dies erst im Grundschulalter auf und wird zunächst fälschlicherweise als Leseschwäche gedeutet.

Wie behandelt man ein Glaukom bei Kindern?

Kinder und Eltern müssen vor den Untersuchungen beim Augenarzt keine Angst haben. Die Untersuchungen sind komplett schmerzfrei. Nach der Diagnose ist die Tropftherapie zur Minderung des Augeninnendrucks eine gängige Behandlungsmethode. Dabei tropft man Wirkstoffe in das Auge, die den erhöhten Druck im Augeninneren absenken. Zu den verwendeten Medikamenten zählen vor allem Beta-Blocker und Prostaglandine oder Karboanhydrase-Hemmer. Bei Kindern wird diese Behandlungsmethode jedoch nur vorübergehend angewandt. Eine wirksame Augeninnendrucksenkung ist durch eine Operation möglich. Dabei werden die Wege, durch die das Kammerwasser aus dem Auge abfließen kann, chirurgisch erweitert. So kann das Kammerwasser richtig abfließen und der Augeninnendruck sinkt dauerhaft. Diese Operation bezeichnet man als Trabekulektomie.

Eine neuere Operationsmethode ist die 360-Grad-Trabekulotomie. Diese wird bislang nur von wenigen Spezialisten ausgeführt, ist jedoch langfristig besonders erfolgversprechend. Das Deutsche Kinder-Glaukomzentrum Mainz ist hier eine gute Anlaufstelle. Zuvor sollte ein niedergelassener Augenarzt die Erkrankung jedoch eindeutig diagnostizieren.

Quellen:

Stiftung Auge, Pressemappe zur Pressekonferenz am 1. Juni 2022, Jun. 2022: https://stiftung-auge.de/files/2022/06/Pressemappe_PK_2022_Stiftung_Auge.pdf

Marx-Gross S, Laubert-Reh D, Schneider A, Höhn R, Mirshahi A, Münzel T, Wild PS, Beutel ME, Blettner M, Pfeiffer N. Prävalenz des Glaukoms bei jungen Menschen. Deutsches Ärzteblatt. 2017; 114: 204-10: https://www.aerzteblatt.de/app/print.asp?id=187198


Ausgrenzung, Ängste und Depressionen – Psychosoziale Folgen des Schielens werden unterschätzt

Statistisch gesehen findet sich in jeder Schulklasse ein Kind, das schielt. Schielen hat jedoch nicht nur organische Auswirkungen, sondern bedeutet für die Betroffenen meist auch immensen psychosozialen Leidensdruck. Warum Schiel-Operationen so wichtig sind und wann der richtige Zeitpunkt für eine Korrektur der Fehlstellung ist, berichtet Professor Dr. med. Bettina Wabbels auf der Pressekonferenz bei der DOG 2024.

Etwa vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland schielen. Mitunter beginnen Menschen erst im Erwachsenenalter zu schielen – etwa aufgrund eines Schlaganfalls, eines Unfalls oder einer Schilddrüsenerkrankung. „Aber das ist eher selten, die meisten Schielformen beginnen im Kindesalter“, erläutert Professor Dr. med. Bettina Wabbels, Leiterin der Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie an der Universitäts-Augenklinik Bonn. Schätzungsweise jedes 25. Kind schielt. „Man findet im Prinzip in jeder Klasse ein betroffenes Kind“, so Wabbels.

Beim Schielen, auch Strabismus genannt, weicht ein Auge von der Blickachse des anderen Auges ab. Das kann Doppeltsehen, verringertes räumliches Sehen oder Kopfschmerzen, bei Kindern auch einen einseitigen Sehverlust auslösen. „Mindestens genauso gravierend sind jedoch die psychosozialen Folgen“, betont die DOG-Expertin. Studien belegen: Schielende Menschen werden von ihrer Umwelt als weniger intelligent, sympathisch, attraktiv und fleißig wahrgenommen, wodurch es zu Benachteiligungen im Alltag, Schule und Beruf sowie bei der Partnerwahl und folglich auch zu einer verringerten Lebensqualität kommen kann.

Das schafft seelischen Leidensdruck. „Schielen kann bei Kindern und Erwachsenen zu Scham, Vermeidungsverhalten, sozialem Rückzug oder mentalen Problemen führen“, berichtet Bettina Wabbels. „Diese Aspekte des Schielens werden bisher unterschätzt, obwohl sie für die Schielenden extrem bedeutsam sind“, betont die Bonner Augenärztin. Insbesondere im Blickkontakt seien schielende Menschen häufig verunsichert. „Betroffene berichten, dass sie in der zwischenmenschlichen Kommunikation Schwierigkeiten haben; dass sie sogar beschuldigt werden, unehrlich oder unaufmerksam zu sein und nicht zuzuhören, da ihr Blick abschweife“, so Wabbels. Einige Betroffene versuchten, das Schielen durch Frisuren oder Kopfhaltungen zu kaschieren oder sehen ihrem Gegenüber gar nicht erst in die Augen, was die Interaktionsprobleme eher noch verstärke. Der Tipp der DOG-Expertin: „Schauen Sie auf die Nasenwurzel Ihres Gegenübers.“

Eine Schiel-Operation bietet Abhilfe – sie bessert nicht nur das Zusammenspiel beider Augen, sondern auch die psychosoziale Situation, indem sie zu größerer sozialer Akzeptanz und Attraktivität verhilft. Einen positiven Einfluss von Schiel-Operationen auf die Lebensqualität konnte die Universitäts-Augenklinik Bonn bereits in einer Pilotstudie belegen. „Nach der Schiel-Operation sanken die Symptome von Ängsten und Depressionen unter die Schwelle der Behandlungsbedürftigkeit“, resümiert Wabbels. „Viele äußerten sich extrem dankbar, dass sie diese belastenden Probleme endlich offen thematisieren konnten – sie sagten vielfach, dass das Schielen ihr ganzes Leben beeinträchtigt hätte.“

Jetzt sollen diese Faktoren erstmals in einer großen Multicenterstudie („QUALITAS – Quality of live after strabismus surgery“) unter Leitung der Universitäts-Augenklinik Bonn über die Dauer von sechs Jahren an mehr als 1000 erwachsenen Schielpatientinnen und -patienten untersucht werden. „Wir wollen unter anderem den Einfluss von Schiel-Operatonen auf Lebensqualität und mentale Gesundheit messen“, so Wabbels. Zugleich biete die Identifikation von Patientinnen und Patienten mit depressiven Symptomen und Ängsten die Möglichkeit, die Betroffenen an geeignete Behandlungsmöglichkeiten weiterzuleiten.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei es wichtig, Schiel-Operationen auch in Zukunft ausreichend zu finanzieren. Der richtige Zeitpunkt, ein Kind zu operieren, liegt meist zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr. „Kinder können erst ab dem Vorschulalter erkennen, dass ein anderes Kind schielt“, sagt Wabbels. Es gäbe zwar keine Studien zur Häufigkeit des Mobbings unter Kindern. „Aber das Hänseln beginnt meist im Grundschulalter“, sagt die Augenärztin. Vor Schuleintritt sollte die Fehlstellung idealerweise korrigiert sein.


Manche merken nicht, dass sie fahruntauglich sind – Sehvermögen im Straßenverkehr

Gutes Sehvermögen ist Voraussetzung für die aktive Teilnahme am Straßenverkehr. „Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass ein Teil der Autofahrenden nicht merkt, dass sie seitens des Sehvermögens de facto fahruntauglich sind“, erklärt Professor Dr. med. Frank Tost von der DOG – Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Die Fachgesellschaft rät auch deshalb zu regelmäßigen Augenuntersuchungen ab dem 60. Lebensjahr sowie altersunabhängig zu ärztlichen Konsultationen bei merkbaren Veränderungen der Sehfähigkeit. Über Hintergründe berichtete der DOG-Experte auf der Pressekonferenz bei der DOG 2024.

Die EU hat vorgeschlagen, dass Senior*innen ab 70 Jahren alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit – und damit auch ihr Sehvermögen überprüfen lassen. In vielen Mitgliedsstaaten gibt es bereits Vorgaben für verpflichtende Gesundheitschecks für ältere Autofahrende, in Deutschland bislang nicht. Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) schreibt lediglich einen Sehtest im Zusammenhang mit der Führerscheinprüfung vor. „Es liegt danach in der Selbstverantwortung eines jeden Verkehrsteilnehmenden, eine augenärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen und erforderlichenfalls die Überprüfung der Fahrtauglichkeit im Rahmen einer medizinischen Begutachtung zu beauftragen“, betont Tost von der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald.

Mit der Selbsteinschätzung ihrer Sehfähigkeit hat allerdings ein Teil der Autofahrer*innen Probleme. Das zeigt eine Studie (1) der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit 377 Personen: Während bei der Befragung 99,2 Prozent ihre Sehfähigkeit selbst als eher gut bis sehr gut einschätzten, fielen 16,4 Prozent beim Sehtest mit einer tatsächlichen Sehschärfe unter 0,7 durch. „Sie dürften so gar nicht mehr ohne weiteres am Steuer sitzen“, erläutert Tost. Auch bei einem Pilotprojekt der Polizei in Niedersachsen, das unter augenärztlicher Beratung der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt wurde, musste bei mehreren Verkehrsteilnehmenden eine ärztliche Überprüfung der Fahrtauglichkeit veranlasst werden oder sogar einzelnen Fahrzeugführenden die Weiterfahrt untersagt werden. (2) Aus Sicht des DOG-Experten ist es deshalb wichtig, Warnsignale häufiger Augenerkrankungen zu erkennen und einen augenärztlichen Beratungstermin zu vereinbaren. „Ein typisches Anzeichen etwa für den Grauen Star sind Störungen des Dämmerungssehens und erhöhte Blendempfindlichkeit“, erklärt Tost. „Betroffene fühlen sich bei Nachtfahrten zunehmend unsicher, sie fahren langsamer, sind schnell geblendet durch entgegenkommende Fahrzeuge oder bremsen zu spät, weil sie Stoppschilder nicht erkennen.“ Mit höherem Lebensalter verschlechtert sich die Nachtsehfähigkeit zunehmend.

Gleichfalls steigt mit dem Alter auch das Risiko für den Grünen Star, an dem acht Prozent der über 75-Jährigen erkranken. (3) Die Augenerkrankung ist tückisch: Verkehrszeichen, andere Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrende verschwinden komplett aus dem Blickfeld und tauchen plötzlich wie aus dem Nichts auf. „Das Risiko von Unfällen mit lebensgefährlichem Ausgang steigt beim Glaukom immens an“, bemerkt Tost. „Deshalb raten wir zu regelmäßigen augenärztlichen Untersuchungen mindestens ab dem 60. Lebensjahr.“

Die Angst, gleich den Führerschein zu verlieren, ist häufig unbegründet. Denn in vielen Fällen lässt sich mit Sehhilfen, einer Operation oder Verhaltensweisen Abhilfe schaffen. „Beim Grauen Star etwa kann das die Empfehlung sein, auf Nachtfahrten nach Sonnenuntergang zu verzichten oder sich einem Linsentausch zu unterziehen“, erklärt Tost. In Grenzfällen raten die Augenärzt*innen zu einer Tauglichkeitsprüfung, deren Kosten in Höhe von 80 bis 100 Euro privat übernommen werden müssen. „In jedem Fall sollten Betroffene es ansprechen, wenn sich am Fahrverhalten etwas verändert hat“, rät Tost.

Klare Vorgaben existieren nach dem Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder bei neu aufgetretenen Doppelbildern etwa in Folge eines Schlaganfalls, Bluthochdrucks oder bei Schilddrüsenerkrankungen. „Dann muss das Kfz gemäß FeV zunächst für mindestens drei Monate stehen gelassen werden“, erklärt Tost. „Erst nach augenärztlicher Untersuchung und Beratung darf man wieder ans Steuer.“


Wenn es plötzlich schwarz wird – Wie Bluthochdruck das Augenlicht zerstören kann

Bluthochdruck kann auch die Gefäße am Auge schädigen. Mit welchen Sehstörungen sich ein Gefäßverschluss bemerkbar macht, was bei einem Schlaganfall im Auge zu tun ist und wie man Durchblutungsstörungen rechtzeitig erkennt und vorbeugt, erläutert Professor Dr. med. Sandra Liakopoulos von der DOG anlässlich des Welthypertonietages 2024. Die DOG-Expertin gibt zudem einen Ausblick auf die faszinierenden Erkenntnisse, die Künstliche Intelligenz aus einer einfachen Augenhintergrunduntersuchung ableitet.

Ein hoher Blutdruck greift nicht nur die Gefäße am Herzen oder in den Beinen an, sondern schädigt auch Arterien und Venen in den Augen und mitunter stellen Augenärztin oder Augenarzt eine Hypertonie fest, noch bevor Betroffene davon wissen. „Dafür genügt eine einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mit Spaltlampe und Lupe“, erklärt Professor Dr. med. Sandra Liakopoulos, die an der Universitätsaugenklinik in Frankfurt am Main tätig ist und das Zentrum Bildanalyse für klinische Studien an der Universitätsklinik Köln leitet. „Liegt ein Bluthochdruck vor, erscheinen die Gefäße der Netzhaut enger, rigider, sie verhärten sich“, erläutert die DOG-Expertin.

Sehsturz kann zur Erblindung führen
Auch wenn das zunächst keine Schmerzen verursacht, muss der Bluthochdruck behandelt werden. Sonst drohen Veränderungen an den Gefäßen, der Netzhaut oder dem Sehnerv, in fortgeschritteneren Fällen sogar Blutungen und Infarkte. „Ein solcher Sehsturz, bei dem ein Blutgerinnsel ein Augengefäß verschließt, ist besonders bedrohlich und immer ein Notfall“, betont Liakopoulos. „Denn der Gefäßverschluss unterbricht die Sauerstoffversorgung der Netzhaut, was zum Absterben von Sehzellen und damit zur Erblindung führen kann.“ Während Verschlüsse von Arterien im Auge selten sind, kommen Venenverschlüsse sehr viel häufiger vor.

Schlagartig Nacht auf einem Auge
Dabei treten unterschiedliche Symptome auf. „Bei einem Venenverschluss sieht der Betroffene auf einem Auge zunehmend verschwommen, oft wie durch einen grauen Schleier“, erklärt die DOGExpertin. Der arterielle Verschluss macht sich dagegen schlagartig bemerkbar. „Dann wird es auf einem Auge von einem Moment auf den anderen schwarz, oft legt sich ein Schatten auf das gesamte Blickfeld“, beschreibt die Expertin. Unbehandelt führt ein arteriell bedingter Augeninfarkt in rund 95 Prozent der Fälle zu einem schweren und dauerhaften Sehverlust im betroffenen Auge.

Zweiten Infarkt verhindern
Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, sollte deshalb sofort ein Krankenhaus aufsuchen, das über Augenklinik und Neurologie verfügt. „Dieses Symptom muss man sehr ernst nehmen, weil ein Infarkt am Auge das Risiko für einen nachfolgenden Hirninfarkt um das 15-fache erhöht“, betont Liakopoulos. Ärztinnen und Ärzte untersuchen deshalb Halsschlagadern und Herz, und sie prüfen, ob die Autoimmunerkrankung Riesenzellarteriitis vorliegt. „Um das zweite Auge vor einem Infarkt zu schützen oder gar einen Hirn- oder Herzinfarkt zu verhindern, wird außerdem die tägliche Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten verordnet“, so Liakopoulos.

Lysetherapie am Auge wird erprobt
Auch wenn bei einem arteriellen Verschluss meist Sehkraft unwiederbringlich verloren geht, kann in den ersten 4,5 Stunden eine Lysetherapie erwogen werden, um den Blutfluss im betroffenen Gefäß wieder herzustellen und Sehkraft zu retten. „Wie gut das intravenös verabreichte Lyse-Medikament auf das Blutgerinnsel im Auge wirkt, wird derzeit in einer großen Studie mit 30 Zentren in ganz Deutschland untersucht“, berichtet die DOG-Expertin.

Injektionen und Laser
Kommt es zum Verschluss eines venösen Gefäßes am Auge, ist ebenfalls Dringlichkeit angesagt. „Wer auf einem Auge zunehmend verschwommen sieht, sollte unverzüglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Liakopoulos. Ist tatsächlich eine Vene verstopft, stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, um die Sehkraft wieder zu verbessern. „Hat sich etwa Wasser in der Makula eingelagert, dem zentralen Punkt für die Sehschärfe, können Anti-VEGFInjektionen die undichten Gefäße wieder verschließen“, erläutert die Augenärztin. Ein Lasereingriff kann erforderlich werden, um zu vermeiden, dass sich in nicht durchbluteten Netzhautarealen neue, schädliche Gefäße bilden.

Risikofaktoren meiden
Wer sein Augenlicht schützen will, ist daher gut beraten, Risikofaktoren für Gefäßverschlüsse zu minimieren. „Dazu zählen Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus, die gut behandelt sein sollten“, sagt Liakopoulos. Auch der Lebensstil trägt dazu bei, Infarkte und Thrombosen zu vermeiden. „Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährungsweise, mangelnde Bewegung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr begünstigen Gefäßverschlüsse“, erklärt Liakopoulos. Menschen mit Risikofaktoren sollten den Augenhintergrund mindestens alle zwei Jahre untersuchen lassen.

Bluthochdruck, Geschlecht, Alter – was KI alles erkennt
Hier eröffnet die Künstliche Intelligenz (KI) große Chancen. „Es ist faszinierend, was die KI an einer Aufnahme des Augenhintergrunds alles errechnen kann“, sagt Liakopoulos. Nicht nur Gefäßveränderungen, Bluthochdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen würden von den Algorithmen erkannt. „Die KI kann sogar das Geschlecht mit einer Zuverlässigkeit von 97 Prozent und das Lebensalter auf drei Jahre genau bestimmen“, so die DOG-Expertin. In Zukunft könnte KI beim Screening allgemeiner Erkrankungen daher eine große Rolle spielen.


Ausgewogene Ernährung kann das Sehvermögen stärken

Eine gute Nährstoffversorgung kommt auch der Augengesundheit zugute: Sie kann das Fortschreiten der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), der diabetischen Retinopathie, des Grünen Stars oder auch des trockenen Auges positiv beeinflussen, eventuell sogar verlangsamen. Darauf weist Professor Dr. med. Andreea Gamulescu von der DOG hin. Die Leitende Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg erklärt die Hintergründe.

Für die Augengesundheit empfiehlt Andreea Gamulescu eine ausgewogene, mediterrane Ernährung. „Auf dem Teller sollte eine möglichst bunte Farbpalette an rotem, gelbem und grünem Gemüse sowie Obst dominieren“, erläutert sie. „Auch fettreicher Fisch, Olivenöl sowie Verzicht auf übermäßig viel rotes Fleisch und Milchprodukte sind zu empfehlen.“ Auf diese Weise werde eine gute Basis für eine ausreichende Nährstoffversorgung geschaffen. „Zwar kann man mit einer ausgewogenen Ernährung Augenerkrankungen weder komplett verhindern noch heilen“, betont Gamulescu. „Aber man kann das Fortschreiten von chronischen Erkrankungen wie der AMD, der diabetischen Retinopathie, dem Glaukom oder dem trockenen Auge positiv beeinflussen.“

Zusammenhang zwischen Ernährung und Schwere der Erkrankung
Hinweise auf einen günstigen Effekt einer guten Nährstoffversorgung kommen aus der Sammlung von Daten mehrerer großer bevölkerungsbasierter Erhebungen. „Sie konnten einen Zusammenhang zwischen den Ernährungsgewohnheiten und der Häufigkeit und Schwere verschiedener Augenkrankheiten wie AMD, Glaukom, Grauem Star und trockenem Auge aufzeigen“, erläutert die DOG-Expertin. 1-4 Welche einzelnen Komponenten in der Ernährung konkret welche Wirkung auf die Augen entfalten, sei jedoch in Studien schwierig nachzuweisen. „Dazu gibt es nur wenig gesichertes Wissen“, sagt Gamulescu. Eine der fundierten Studien ist die „Age-Related Eye Disease Study“ (kurz: AREDS). 1 Sie konnte zeigen, dass die Einnahme von bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln bei einer kleinen Untergruppe von Patientinnen und Patienten mit AMD das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung reduzierte.

Nährstoffe unterstützen Reparaturvorgänge am Auge
Sicher ist indes, dass die Nährstoffe eine Wirkung auf die Sehfunktionen entfalten. So bilden die Karotinoide Lutein und Zeaxanthin das Makulapigment, das zum Lichtschutz der Zellen sowie der Sehfunktion im Dunkeln beiträgt und deshalb für den Sehprozess von großer Bedeutung ist. „Es ist wichtig, Karotinoide durch den Verzehr von Obst und grünblättrigem Gemüse aufzunehmen, da unser Körper sie nicht selbst herstellen kann“, betont Gamulescu. Weitere wichtige AugenNährstoffe sind die Vitamine A, C und E, die Vitamine B und Folsäure, Omega-3-Fettsäuren und Mineralstoffe. Dazu gehört insbesondere Zink, aber auch weitere Mikronährstoffe wie Selen, Curcumin und Resveratrol. „Auch sie übernehmen zellschützende Funktionen, sind wichtig für den Sehzyklus und unterstützen Reparatur- oder Regenerationsvorgänge am Auge“, erklärt Gamulescu.

Rauchen und Bewegungsmangel fördern AMD
Weitere wichtige Faktoren, die die Augengesundheit beeinflussen, sind körperliche Aktivität und das Rauchen. „Wir wissen, dass Personen, die nicht rauchten, sich gesund ernährten und zusätzlich körperlich aktiv waren, ein deutlich vermindertes Risiko für die Entstehung einer AMD hatten“, berichtet Gamulescu. Allerdings spielen bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Augenerkrankungen auch andere, nicht veränderbare Faktoren wie zum Beispiel das Alter der Person und die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle.

Nahrungsergänzungsmittel helfen nur bedingt
Von der pauschalen Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln rät die Regensburger Augenexpertin ab. „Die Datenlage dazu ist noch relativ unklar, vielversprechende Ansätze und Ergebnisse aus Laboruntersuchungen und Tierexperimenten lassen sich nicht unbedingt auf den Menschen übertragen“, betont Gamulescu. Darüber hinaus fehlen einheitliche wissenschaftliche Belege. „Wer ausgewogen isst, auf Rauchen verzichtet und sich moderat bewegt, tut seiner Augengesundheit bereits viel Gutes“, lautet der Rat der Augenärztin.


Frühe Sonnenschäden zählen doppelt schwer –
Warum UV-Schutz für Kinderaugen besonders wichtig ist

Die Augen von Kindern sind durch Sonnenstrahlen besonders gefährdet. Ihre klaren Linsen lassen UV-Strahlung noch ungefiltert auf die Netzhaut treffen, und eine Sonnenbelastung in jungen Jahren gilt als extrem starker Risikofaktor, später weißen und schwarzen Hautkrebs unter anderem an den Augenlidern zu entwickeln. Warum Eltern bei ihrem Nachwuchs deshalb gewissenhaft auf den Sonnenschutz achten sollten und welche Maßnahmen sinnvoll sind, erklären Experten der DOG.

Bis zum 20. Lebensjahr sind die Linsen des menschlichen Auges sehr klar, noch ungetrübt. „Das macht es UV-Strahlen leicht, fast ungefiltert ins Auge einzudringen und dort Langzeitschäden hervorzurufen“, erläutert Professor Dr. med. Vinodh Kakkassery, Chefarzt der Augenklinik am Klinikum Chemnitz. Zum Vergleich: Im ersten Lebensjahr erreichen 90 Prozent der UVA- und über 50 Prozent der UVB-Strahlen die Netzhaut, zwischen 10 und 13 Jahren noch 60 und 25 Prozent. „Erst mit 18 bis 20 Jahren werden UV-Strahlen fast vollständig von der Linse aufgehalten“, betont Professor Dr. med. Dr. phil. Ludwig M. Heindl vom Zentrum für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln. Die beiden Augenärzte sind Delegierte der DOG und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e.V. im UVSchutzbündnis, einer Initiative zur Prävention UV-bedingter Erkrankungen.

Langfristige Schäden an Linse und Makula
Somit kann UV-Strahlung bei Kindern besonders leicht photochemische Schäden an Proteinen der Augenlinse auslösen, die deren Eintrübung und damit die Entstehung des Grauen Stars fördern. „Es handelt sich dabei um einen kumulativen Prozess, der Jahrzehnte benötigt, bis er zu Seheinschränkungen führt“, betont Kakkassery. „Dennoch steigert intensive Sonneneinstrahlung bei Kinderaugen das Risiko, frühzeitig an einer Katarakt zu erkranken.“ UV-Exposition begünstigt generell Alterungsprozesse im Auge – darunter möglicherweise auch Spätschäden an der Netzhaut samt Makula, dem Punkt des schärfsten Sehens. „UV-Licht steht unter Verdacht, durch oxidativen Stress zum Untergang von Netzhautzellen beizutragen“, so Heindl. In der Folge kann sich eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) entwickeln, die häufigste Erblindungsursache in Industrienationen.

40 Jahre später wächst Hautkrebs
Weil UV-Strahlen auch die Hautzellen genetisch verändern, fördert zu viel Sonne darüber hinaus das Entstehen gutartiger und bösartiger Tumoren an Augenlidern oder Bindehaut. „Kindheit und Jugend spielen dabei wieder eine entscheidende Rolle“, so Kakkassery. „Denn wir wissen mittlerweile, dass die Schadensbelastung, die man in frühen Lebensjahren sammelt, die Hauptursache ist, wenn sich später weißer und insbesondere schwarzer Hautkrebs entwickelt“, sagt der Chemnitzer DOG-Experte. Fachleute gehen von einer 40-jährigen Entwicklungszeit aus. Dabei nehmen in Deutschland die Basaliom- und Melanomfälle jährlich um fünf Prozent zu – vermutlich, weil die UV-Strahlenbelastung steigt. „In Australien, wo eine besonders hohe UV-Belastung herrscht, ist jeder Zweite mit dem 70. Lebensjahr zumindest einmal im Leben von weißem Hautkrebs betroffen gewesen“, berichtet Kakkassery. „Auch die Fälle von schwarzem Hautkrebs haben deutlich zugenommen.“

Ab UV-Index 3: Sonnenhut und gut abdeckende Sonnenbrille
Eltern sind daher gut beraten, auf ausreichenden Sonnenschutz beim Nachwuchs zu achten. „Eine Orientierung bietet der UV-Index, den viele Apps auf dem Handy anzeigen“, meint Heindl. Dabei gilt: Ab UV-Index 3 sollten Maßnahmen ergriffen werden. „Kinder tragen dann am besten einen Sonnenhut und eine Sonnenbrille“, rät der Kölner Augenarzt. Befindet man sich nicht gerade in den Bergen, genügt eine EUzertifizierte Brille mit CE-Zeichen, die vor UV-Strahlen bis zu einer Wellenlänge von 380 Nanometern schützt. „Sofern die Brille Augen und Seiten gut abdeckt, verhindert sie Verbrennungen am Auge, auf der Hornhaut oder Netzhaut“, betont der DOG-Experte.

Bei praller Sonne in den Schatten oder ins Haus
In den zwei Stunden vor und nach Sonnenhöchststand sollten Kinder und Jugendliche die direkte Sonne meiden und sich im Schatten aufhalten. „Bewegt sich der UV-Index auf acht zu, ist es besser, wenn Kinder während dieser Hauptsonnenzeit zuhause bleiben“, so Heindl. „Sie sollten dennoch regelmäßig ins Freie gehen, um die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit möglichst zu verhindern – bei hohem UV-Index dann nur nachmittags und in den Schatten, geschützt durch Sonnenhut und Sonnenbrille“, so Kakkassery. Den Nachwuchs über den Zweck des UV-Schutzes kindgerecht aufzuklären, sei sehr hilfreich.

Sonnenbrille bei Bewölkung? Es kommt auf den UV-Index an
Was die Sonnenschutzcreme betrifft, ist beim Auftragen auf Ober- und Unterlid Vorsicht angebracht. „Die Creme sollte nicht mit Bindehaut oder Hornhaut in Berührung kommen“, warnt Heindl. Im Zweifel sei eine Sonnenbrille ausreichend. In diesem Zusammenhang räumen beide Experten auch mit einem Missverständnis auf: „Ob man bei Bewölkung eine Sonnenbrille tragen sollte, hängt nicht von den Wolken, sondern vom UV-Index ab – ab Index 4 ist es angezeigt.“ Aber Vorsicht: Eine Sonnenbrille kann das Kind auf dem Roller oder Fahrrad durch die verminderte Sicht in Gefahr bringen.


Augenverletzungen durch Feuerwerk – Eltern sollten Kinder dringend vor den Gefahren warnen

Die DOG erwartet zum Sylvesterfeuerwerk erneut Hunderte von schweren Augenverletzungen. Die Fachgesellschaft rät zu Vorsichtsmaßnahmen und fordert verstärkte Aufklärung, um die hohen Opferzahlen zu senken. Beim Jahreswechsel 2023/24 hatte es laut der jährlichen DOG-Umfrage 781 feuerwerksbedingte Augenverletzungen gegeben.

Seit 2016/2017 führt die DOG zu Silvester eine Umfrage an allen notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Wie die Umfrage 2023/2024 zeigt, mussten die Kliniken in den fünf Tagen um Silvester insgesamt 781 Personen mit feuerwerksbedingten Augenverletzungen behandeln. „Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit“, konstatiert Professor Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer. „Wir fürchten, daran wird sich am kommenden Jahreswechsel nichts ändern“, sagt die Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Vor der Pandemie ereigneten sich um Silvester jährlich etwa 500 Augenverletzungen.

40 Prozent der Verletzten sind Kinder und Jugendliche
Wie in den Vorjahren auch, handelte es sich 2023/2024 bei rund 60 Prozent der Betroffenen um Unbeteiligte, die das Feuerwerk gar nicht selbst gezündet hatten. „Diese Betroffenen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt“, so Gabel-Pfisterer. Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter 12 Jahren betroffen sind. „Wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden“, meint die Augenärztin. Einige Kinder verletzen sich an Böllern, die sie am Neujahrstag aufsammeln. „Eltern sollten ihren Nachwuchs rechtzeitig über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind“, rät Gabel-Pfisterer.

Augenverlust mit schwerwiegenden Konsequenzen
Treffen kann es prinzipiell jeden, der sich außerhalb geschützter Räume aufhält. „Am vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter, der im Einsatz getroffen wurde, dokumentieren“, berichtet Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Erneut mussten die Augenärzte und Augenärztinnen verletzte Augen entfernen – mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren. „Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen“, berichtet Agostini.

Im Freien besser geschlossene Schutzbrille tragen
Um solche Katastrophen abzuwenden, ruft die DOG zur Vorsicht im Umgang mit Feuerwerk auf. „Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus“, rät der DOG-Experte. „Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren.“ Die Fachgesellschaft fordert zudem mehr Aufklärung – die DOG stellt Plakate zur Verfügung und verweist auf die Niederlande und Finnland. „Dort konnte durch Informationskampagnen und gesetzliche Regelungen die Anzahl der Verletzungen auf die Hälfte reduziert werden“, betont Agostini. Darüber hinaus wirbt die Fachgesellschaft für öffentlich ausgerichtetes Feuerwerk. „Das sicherste Feuerwerk ist das professionelle“, betont DOG-Generalsekretär Professor Dr. med. Claus Cursiefen.


Notfall Netzhautablösung –
Kurzsichtige bleiben auch nach Laser-Behandlung besonders
gefährdet

Löst sich die Netzhaut des Auges ab, handelt es sich um einen Notfall, der sofort augenärztlich behandelt werden muss. Kurzsichtige Menschen sind besonders häufig davon betroffen – auch nach einer operativen Beseitigung der Kurzsichtigkeit. Warum Lasern oder Linsentausch nicht vor der Gefahr der Netzhautablösung schützen, auf welche Warnzeichen alle Kurzsichtigen achten sollten und welche Behandlungen helfen, erklärt ein Experte der DOG.

Netzhautablösungen beginnen meist mit kleinen Rissen oder Löchern in der Netzhaut. „Sie treten als Folge altersabhängiger Veränderungen im Auge auf“, erklärt DOG-Experte Professor Dr. med. Andreas Stahl. Gelangt durch ein Loch Flüssigkeit unter die Netzhaut, kann sie sich vollständig abheben. „Dann droht Erblindung, falls nicht rechtzeitig mit einer Behandlung begonnen wird“, betont der Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald.

Solche rissbedingten Netzhautablösungen nehmen weltweit zu, wie Fachleute registrieren. „Betroffen sind meist Personen über 50 Jahre, Männer häufiger als Frauen“, so Stahl. Zu den Risikofaktoren zählt neben Verletzungen des Augapfels, einer Grauen-Star-Operation und einer familiären Vorgeschichte mit Netzhautablösungen vor allem Kurzsichtigkeit. „Das Risiko steigt mit zunehmender Dioptrienzahl“, erläutert Stahl. „Denn je höher die Kurzsichtigkeit, desto länger ist im Regelfall das Auge. Und in einem langen Auge wirken sich Zugkräfte an der Netzhaut stärker aus.“ Gleichzeitig sind die Wandstrukturen in einem kurzsichtigen Auge häufig dünner und damit anfälliger für Einrisse.

Sehkorrektur könnte das Risiko sogar noch steigern
Eingriffe zur Korrektur der Kurzsichtigkeit können an diesen grundlegenden Mechanismen nichts ändern. „Ein kurzsichtiges Auge bleibt zu lang gebaut, auch wenn man die Hornhaut lasert oder die Linse operiert“, stellt der Experte fest. Das höhere Risiko für einen Einriss der Netzhaut oder eine Netzhautablösung besteht daher auch nach der Korrektur weiter. „Es ist im Gegenteil sogar wahrscheinlich, dass ein Linsenaustausch, der die Kurzsichtigkeit beseitigt, das Risiko für eine Netzhautablösung noch zusätzlich steigert“, betont Stahl.

Deshalb sollten alle Kurzsichtigen die Warnzeichen einer drohenden Netzhautablösung kennen – und bei Bedarf entsprechend handeln. „Wer neue bewegliche schwarze Punkte oder Nebel im Auge sieht, Blitze oder einen Schatten, der immer im selben Bereich des Gesichtsfeldes erscheint oder sogar größer wird, sollte spätestens am nächsten Tag eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Andreas Stahl. Eine Untersuchung des Augenhintergrundes mit weitgestellten Pupillen zeigt, ob und wie stark die Netzhaut beeinträchtigt ist.

Spezielle chirurgische Expertise erforderlich
Vom Grad der Netzhautschädigung hängt die Therapie ab. „Solange die Netzhaut noch anliegt, nutzen wir Laser- oder Kälteverfahren, um Risse oder Löcher wieder zu verschließen“, sagt Stahl. Beide Behandlungsmethoden können ambulant praktiziert werden. „Komplizierter wird es, sollte sich die Netzhaut schon abgelöst haben“, fügt der DOG-Experte hinzu. „Dann sind komplexere Eingriffe notwendig.“ Diese Operationen erfordern einen stationären Klinikaufenthalt und eine spezielle chirurgische Expertise.

Zur Wahl stehen verschiedene Operationsverfahren: Die Netzhaut kann mit einer Plombe aus weichem Kunststoff, einer Gasblase oder einem Kunststoffband wieder angelegt werden – oder mit einem Eingriff, bei dem der Glaskörper entfernt wird, um die Netzhaut anschließend mit Laser und einer vorübergehenden Tamponade aus Gas oder Silikonöl zu fixieren. „Wurde die Ablösung schnell erkannt, bestehen meist sehr gute Heilungschancen“, resümiert Stahl. Ging dagegen viel Zeit verloren, drohen Sehverlust und möglicherweise eine erneute Netzhautablösung. Es sei daher wichtig, so das Fazit des DOG-Experten, sich beim Auftreten von Lichtblitzen oder zunehmenden Verschattungen frühzeitig augenärztlich untersuchen zu lassen.


Augenschutz beim Fahrradfahren – Experte rät zu Brille mit Seitenschutz und UV-Filter

Schätzungsweise 40 Prozent aller Bundesdeutschen fahren regelmäßig Rad. Steigen die Temperaturen im Frühling, wächst auch wieder die Lust auf längere Touren mit Citybike & Co. Doch nicht nur Sonne und Wind, sondern vor allem Insekten und Stürze können den Augen gefährlich werden. Professor Dr. med. Gerd Geerling, gibt Tipps, wie man die Augen beim Fahrradfahren am besten schützt.

Sonne und Wind sind zwei Faktoren, die alle Radfahrenden kennen und auf die manche empfindlich reagieren. „Die größte Gefahr für die Augen beim Radfahren ist jedoch, dass im Sommer ein Insekt ins Auge fliegt“, sagt DOG-Experte Geerling. Die meisten Menschen reagieren mit einem Schreck und unwillkürlichen Wischbewegungen am Auge, um den Fremdkörper wieder loszuwerden. „Dann läuft man Gefahr, vom Rad zu stürzen. Und wir sehen in der Praxis, dass ein Sturz dann zu schweren Verletzungen auch des Auges führen kann“, betont Geerling.

Auge mit sauberem Trinkwasser spülen
Der Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf rät daher bei einer Insekten-Kollision zur Besonnenheit. „Nicht weiter ins Auge fassen und sofort anhalten, wenn möglich“, empfiehlt Geerling. „Hilfreich ist in einer solchen Situation auch, das Auge beispielsweise mit sauberem Trinkwasser zu spülen.“ In der Regel sollte der Kontakt mit dem Insekt am nächsten Tag kein Problem mehr für das Auge darstellen.
Besser noch, man lässt es erst gar nicht so weit kommen und verhindert das Eindringen eines Fremdkörpers mit einer Brille, etwa einer Sonnenbrille. Wer viel mit dem Drahtesel unterwegs ist, kann sich eine besonders angepasste Fahrradschutzbrille aus splitterfreiem Kunststoff anschaffen, die mit einem UV-Filter und speziellem Seitenschutz ausgestattet ist. „So schützt man sich nicht nur vor Fliegen, sondern auch vor unfallbedingten Schäden am Auge, vor Zugluft und vor UV-Strahlung, die über sehr lange Zeit auch den grauen Star fördert“, so Geerling.

Giftige Brennhaare können sich in der Hornhaut festsetzen
Darüber hinaus ist man vor unangenehmen Begegnungen etwa mit Eichenprozessionsspinnern sicher. Die kleinen Schmetterlingsraupen, die sich aufgrund des Klimawandels auch in Norddeutschland immer stärker verbreiten, halten sich an Eichenstämmen auf und entwickeln ab Mai Brennhaare, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Jedes Tier trägt etwa 600.000 dieser feinen Härchen – ein kleiner Windstoß genügt, um sie abzubrechen und bis zu hundert Meter durch die Luft zu wirbeln. „Die fast unsichtbaren Härchen können so unter anderem in die Bindehaut oder Hornhaut des menschlichen Auges eindringen“, sagt Geerling.
Ihr Gift kann dort schmerzhafte Bindehautentzündungen auslösen. Betroffene sollten sich deshalb auf keinen Fall die Augen reiben. Auch hier gilt: Die Augen am besten mit sauberem Wasser spülen. Und: „Bei anhaltenden Symptomen wie Rötung eines Auges, bei Fremdkörpergefühl, Tränen, Jucken und starken Schmerzen den Augenarzt oder die Augenärztin aufsuchen“, rät der DOG-Experte.

Notfalldosis an Tränenersatzmittel oder antiallergischen Tropfen
Deshalb: Radbrille aufsetzen! Sie hilft auch allen, die schnell unter tränenden Augen oder einem instabilen Tränenfilm leiden, unter sogenannten trockenen Augen – letzteres ist bei etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland der Fall. „Wer sich mit trockenen Augen in warmer Luft mit viel Wind bewegt, dessen Augen können gereizt reagieren“, erläutert Geerling. Radfahrende mit Office-Eye-Syndrom sollten daher eine Ration an Tränenersatzmittel mitführen.
Ähnliches gilt für Pollenallergiker und Pollenallergikerinnen, die mit verklebten Augen am Morgen aufwachen. „Unbedingt eine Notfalldosis antiallergische Augentropfen auf die Radtour mitnehmen“, so Geerling. Kontaktlinsenträgerinnen und Kontaktlinsenträger wiederum sind gut beraten, zusätzlich Nachbenetzungsmittel zu verwenden. Und für alle gilt: „Sollten sich beim Radfahren Schmerzen, Augenrötung oder Sehverschlechterung einstellen: die Beschwerden unbedingt ernst nehmen und zum Augenarzt oder zur Augenärztin gehen“, betont der Vize-Präsident der DOG.


Kontaktlinsenbehälter sind Bakterienfallen – Gefahr der Augeninfektion

Mindestens 3,4 Millionen Menschen in Deutschland tragen Kontaktlinsen. Angenehmer Tragekomfort dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sehhilfen ein Fremdköper im Auge bleiben, die das Risiko für teils schwere Infektionen der Hornhaut erhöhen. Darauf weisen Experten der DOG hin. Wie sich Kontaktlinsenträger*innen vor zunehmend häufiger vorkommenden Erregern wie Pilzen und Amöben am besten schützen, berichtet Professor Dr. med. Gerd Geerling auf der Pressekonferenz zur DOG 2023.

Auf jeder gesunden Augenoberfläche existieren Infektionserreger, etwa Bakterien und Viren. „Ein intakter Tränenfilm und ein dichter oberflächlicher Zellverband der Hornhaut halten die Keime jedoch vom Eindringen ins Auge ab“, erläutert DOG-Experte Professor Dr. med. Gerd Geerling. Wer nun Sehfehler – ob Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung – oder auch Narben mithilfe von Kontaktlinsen korrigiert, legt die runden Haftschalen auf genau diese schützende Schicht aus Tränenfilm und Hornhaut.

„Kontaktlinsen stellen damit immer einen risikobehafteten Fremdkörper im Auge dar“, betont der Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Düsseldorf. Denn die Haftschale verändert die Sauerstoffversorgung und Befeuchtung der Augenoberfläche mit Tränenfilm und kann zunächst mikroskopisch kleine Schäden an der Hornhaut auslösen. „In der Regel verheilen diese Verletzungen zwar ganz unproblematisch wieder“, so Geerling. „Sie können aber auch Schmerzen auslösen und die Eintrittspforte für Infektionserreger sein.“

Insbesondere bei Träger*innen weicher Kontaktlinsen finden sich neben regulären Bakterien auch seltene Infektionserreger wie Amöben und Pilze. „Diese Erreger kommen – womöglich auch bedingt durch klimatische Änderungen in unseren Breiten – heute zunehmend häufiger vor und können teils sehr schwere Infektionserkrankungen der Hornhaut und des Augeninneren auslösen, die eine monatelange Behandlung mit Augentropfen und Tabletten erfordern“, erklärt Geerling. Bei besonders schweren Verläufen könne eine Hornhauttransplantation oder im schlimmsten Fall sogar die Entfernung eines Auges notwendig werden.

Um solche Infektionen zu vermeiden, sollten sich Kontaktlinsenträger*innen strikt an die Pflegevorschriften des Herstellers halten und einige Verhaltensregeln beachten. „Bevor man mit den Haftschalen in Berührung kommt, stets die Hände waschen“, rät Geerling. An den Kontaktlinsen selbst sammeln sich mit der Zeit Schmutz und Keime. „Deshalb ist die tägliche Desinfektion mit der vorgeschriebenen Reinigungs- und Aufbewahrungsflüssigkeit enorm wichtig“, betont der Augenarzt. Zusätzlich rät Geerling zur manuellen Reinigung: „Dazu die Kontaktlinsen auf die gereinigte Handinnenfläche legen und einige Tropfen Reinigungsmittel sanft mit der Fingerspitze auf der Linse verreiben, danach die Linsen mit Kochsalzlösung abspülen.“ Ist eine Kontaktlinse beschädigt oder verschmutzt, sofort entsorgen.

Doch auch im Kontaktlinsenaufbewahrungsgefäß können sich Bakterien vermehren. „Sie können dort einen Biofilm bilden, eine Art vom Erreger selbst hergestellten Schleim, eine richtige Bakterienfalle“, sagt Geerling. Wichtig dabei ist: Niemals mit Leitungswasser reinigen – weder Behälter noch Kontaktlinsen. „Leitungswasser ist nicht steril, es enthält Mikroorganismen, Metallpartikel, Chlor und andere Stoffe“, erläutert Geerling. „Wer Haftschalen damit reinigt oder darin aufbewahrt, riskiert, dass sich Keime an der Linse festsetzen.“ Am besten ist es, den Behälter mit der Desinfektionslösung auszuspülen und an der Luft trocknen zu lassen. Nach drei Monaten sollte das Gefäß gegen ein neues ausgetauscht werden.

Sogar bei Tageslinsen, die täglich weggeworfen und neu eingesetzt werden, ist die Infektionsgefahr erhöht. „Das gilt insbesondere für den Fall, dass sie länger als empfohlen getragen werden, zum Beispiel ununterbrochen durch die Nacht“, sagt Geerling. Vom Schwimmen mit Kontaktlinsen in natürlichen Gewässern rät der Experte ganz ab: „Damit reduziert man das Risiko für eine Infektion mit Akanthamöben, die eine schwerwiegende Hornhautentzündung hervorrufen können.“

Zeigen sich allergische Reaktionen, Beschwerden wie Sehminderung, Sekretabsonderung, Rötung oder Schmerzen, sollten Augenarzt oder Augenärztin konsultiert werden. „Sie entscheiden auch, ob die Linsen weiterhin getragen werden können oder ob etwa bei einer Tropfbehandlung eine Kontaktlinsenkarenz einzuhalten ist“, so der DOG-Experte.


Geschlechterunterschiede
Frauenaugen werden anders krank – und wieder gesund

Die Augengesundheit von Männern und Frauen ist nicht gleich. Unterschiede in der Anatomie und bei den Hormonen beeinflussen die Häufigkeit von Augenerkrankungen, auch reagieren Frauen oft empfindlicher auf Medikamente und Kontaktlinsen, zeigen jedoch bessere Behandlungsergebnisse. Welche Erkenntnisse vorliegen, wie sie sich auwirken könnten und warum weitere Forschung etwa mit künstlicher Intelligenz wichtig ist, erläutert Professor Dr. med. Maya Müller auf der DOG-Jahres-Pressekonferenz 2024.

Die Gendermedizin hat sich in den zurückliegenden Jahren als wichtiger Forschungszweig etabliert. „Auch in der Augenheilkunde gewinnt sie zunehmend an Bedeutung“, sagt Professor Dr. med. Maya Müller, Ärztliche Direktorin des Instituts für Refraktive und Ophthalmo-Chirurgie (IROC) in Zürich/Schweiz. „Für uns Augenärztinnen und Augenärzte ist es wichtig, Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu verstehen, um Behandlungsstrategien zu optimieren und die Patientensicherheit zu erhöhen“, fügt die DOG-Expertin hinzu, die auch Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin e.V. ist.

Frauen verlieren häufiger ihr Sehvermögen So tragen Frauen in den USA ein um 15 Prozent höheres Risiko als Männer, an Erblindungen oder Sehbehinderungen zu leiden. Das belegen Daten der IRIS Registry, der weltgrößten Datenbank für Augenheilkunde. 1 Frauen sind beispielsweise weltweit 2- bis 4-mal häufiger vom Engwinkelglaukom betroffen, einer Form des Grünen Stars. 2 „Das liegt zum Teil an anatomischen Unterschieden, da Frauen oft kleinere Augen und engere Vorderkammerwinkel haben“, erläutert Müller. An einer endokrinen Orbitopathie leiden Frauen ebenfalls 4- bis 5-mal häufiger als Männer 3 – einer Erkrankung, die sich durch stark hervortretende Augen bemerkbar macht. „Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass autoimmune Schilddrüsenerkrankungen wie Morbus Basedow bei Frauen viel häufiger auftreten“, so Müller.

Weibliche Hornhaut ist dünner und sensibler Auch den Grauen Star entwickeln Frauen weltweit in vielen Regionen bis zu 1,7-mal häufiger, insbesondere nach der Menopause. 4 „Hier könnte der Rückgang von Östrogen als Schutzfaktor gegen oxidativen Stress im Auge eine Rolle spielen“, erläutert die DOG-Expertin. Schließlich unterscheidet sich auch die Hornhaut, sie ist bei Frauen dünner und sensibler – was ebenfalls an den Hormonen liegen könnte, da Östrogen die Funktion der Nerven in der Hornhaut beeinflussen kann. 5 „Die erhöhte Sensibilität führt möglicherweise zu einer größeren Neigung zu Augentrockenheit, einer typischen Augenerkrankung der Frau, und Unbehagen, das sich etwa beim Tragen von Kontaktlinsen bemerkbar macht“, betont Müller.

Geschlechterunterschiede bei Augentropfen Hinzu kommen Geschlechterunterschiede bei der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Therapien. „Wir wissen, dass Frauen häufig sensibler auf bestimmte Medikamente oder konservierende Zusatzstoffe in Augentropfen reagieren“, erklärt die Augenärztin. Andererseits schlagen Therapien oft besser an, weil Frauen ihre Behandlung konsequenter umsetzen. „Frauen wenden Glaukomtropfen regelmäßiger an und benötigen weniger Kontrolluntersuchungen bei der altersabhängigen Makuladegeneration“, erläutert Müller. Somit spielen auch psychosoziale Faktoren eine Rolle.

Genderspezifische Ansätze in Therapie und Prävention fehlen Es sind also viele Aspekte, die geschlechterspezifische Unterschiede in der Ophthalmologie aufzeigen. Doch die Umsetzung dieser Erkenntnisse im klinischen Alltag gestaltet sich schwierig. „Viele Augenärztinnen und Augenärzte sind nicht ausreichend geschult, geschlechtsspezifische Faktoren einzubeziehen“, sagt Müller. Vor allem aber sei noch nicht genügend erforscht, was das konkret für Therapie und Prävention bedeutet. 6 „Es fehlen detaillierte Langzeitstudien, die Unterschiede in Bezug auf Häufigkeit, Krankheitsverlauf und Therapieergebnisse analysieren“, kritisiert Müller. „Kurz: Es fehlen uns Richtlinien, die geschlechterspezifische Therapieansätze vorschlagen.“

Hoffnungen setzt die Augenärztin aus der Schweiz in Big Data und künstliche Intelligenz. „Sie ermöglichen präzisere Auswertungen“, meint Müller. Am Ende, so die DOG-Expertin, würden beide Geschlechter von einer optimierten, personalisierten Therapie profitieren.


Jeder Zweite weiß nichts von seinem grünen Star –
Früherkennung kann vor Erblindung schützen

Das Glaukom, der grüne Star, gilt als eine der häufigsten Erblindungsursachen. Da die Augenerkrankung oft lange Zeit nicht bemerkt wird, liegt die Dunkelziffer unerkannter Glaukomfälle in Deutschland bei zirka 56 Prozent – jeder zweite Betroffene weiß nichts von seinem Augenleiden. Anlässlich der Welt-Glaukom-Woche 2024 rät die DOG daher, regelmäßige Termine bei der Augenärztin oder dem Augenarzt wahrzunehmen. Eine rechtzeitige Diagnose und Therapie könne das Glaukom deutlich verlangsamen und weiteren Sehverlust verhindern, betont die Fachgesellschaft.

Das Glaukom ist eine Volkskrankheit, die mit zunehmendem Lebensalter immer häufiger wird. Typisch für das Glaukom ist eine schmerzlose Sehverschlechterung, die bis zur Erblindung führen kann. Ursache ist ein fortschreitender Verlust von Sehnerven-Zellen, der oft erst spät bemerkt wird. „Das liegt daran, dass die Ausfälle beim Sehen sehr langsam zunehmen und lange durch das Gehirn und über das andere Auge ausgeglichen werden“, erklärt Professor Dr. med. Verena Prokosch von der DOG-Sektion Glaukom. „Aufgrund dieser schleichenden Entwicklung ist die Dunkelziffer unerkannter Glaukomfälle sehr hoch. In Deutschland wissen 56 Prozent nichts von ihrem Leiden.“

Als Folge der Erkrankung fehlen bei Patientinnen und Patienten bestimmte Bereiche im Gesichtsfeld – also in dem Raum, den wir überblicken. So kann es passieren, dass Autofahrende Passantinnen oder Passanten, die die Straße überqueren, nicht wahrnehmen. „Solche Gesichtsfeldausfälle lassen sich nicht durch Brillen, Kontaktlinsen oder andere Hilfsmittel ausgleichen“, erläutert Privatdozentin Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Bettina Hohberger von der DOG-Sektion Glaukom. „Auch kann eine einmal eingetretene Sehverschlechterung durch Verlust der Sehnerven-Zellen oft nicht mehr rückgängig gemacht werden.“ Die Sehschärfe bleibt bei einem Glaukom hingegen sehr lange unbeeinflusst.

Um einen Sehverlust durch das Glaukom zu verhindern, sind eine rechtzeitige Diagnose und Therapie entscheidend. „Wir raten daher zu regelmäßigen Terminen bei der Augenärztin oder dem Augenarzt“, betont Professor Dr. med. Stephanie Joachim von der DOG-Sektion Glaukom. „Insbesondere, wenn Glaukomerkrankungen in der Familie bekannt sind, liegt ein erhöhtes Risiko für eine eigene Erkrankung vor.“ Personen mit erblicher Belastung sollten ab 40 Jahren an eine Vorsorgeuntersuchung denken. Zur Früherkennung des Glaukoms können eine Messung des Augeninnendrucks, eine Untersuchung der Nervenfaserdicke in der Netzhaut, eine Beurteilung des Sehnervs sowie eine Untersuchung des Gesichtsfeldes durchgeführt werden. „Vorsorgeleistungen werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen, man muss sie privat zahlen“, sagt Joachim.

Ergibt sich bei der augenärztlichen Untersuchung ein hinreichender Verdacht auf ein Glaukom, so besteht die Therapie in der Regel in einer Senkung des Augeninnendrucks. Dazu sind individuell angepasste Behandlungskonzepte notwendig – es stehen verschiedene Augentropfen zur Verfügung, spezielle Lasertherapien oder chirurgische Optionen. „Die Therapie dient nicht der Besserung des Sehvermögens, sondern dessen Erhaltung“, betont DOG-Expertin Prokosch. „Was man durch eine Vielzahl an Studien aber sicher weiß, ist: Eine frühzeitige Diagnosestellung kann Erblindung fast immer verhindern. Angst vor dem Glaukom sollte man daher nicht haben“, so Prokosch.


Grauer-Star-Operation –
Es stehen fünf moderne Strategien zur Wahl

Mit etwa einer Million Eingriffen jährlich ist der Graue Star die häufigste Operation in Deutschland. Verschiedene moderne Kunstlinsen-Konzepte, intelligente OPInstrumente, 3D-Brillen und KI-Rechenleistungen ermöglichen heute eine hohe Brillenunabhängigkeit. Warum Augenchirurginnen und Augenchirurgen fünf Behandlungsstrategien anbieten und ausreichend Zeit investieren sollten, um die richtige Therapie für jede Patientin und jeden Patienten zu finden, erläuterte Professor Dr. med. Gerd Auffarth, Präsident 2024 der DOG-Deutsche Gesellschaft für Ophthalmologie.

Beim Grauen Star, auch Katarakt genannt, trüben sich die Augenlinsen allmählich ein, bis es zum Sehverlust kommt. Dieser Prozess beginnt im sechsten Lebensjahrzehnt, zunächst nahezu unmerklich. Ab 65 Jahren sind fast 90 Prozent betroffen. „Indem wir die natürliche Linse durch ein Implantat tauschen, wird die ungetrübte Sicht wiederhergestellt“, sagt Auffarth. Aber nicht nur das – der Anspruch heute geht viel weiter: Mit dem Linsentausch sollen alle Fehlsichtigkeiten so korrigiert werden, dass keine Brille, keine Kontaktlinse mehr erforderlich ist. „Dank Fortschritten in der Diagnostik, bei Operationsmaschinen, OP-Mikroskopen und Implantaten gelingt das sehr zuverlässlich“, fügt der Ärztliche Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg hinzu.

KI hilft, Augenprobleme früh herauszufiltern
Verbesserte Diagnostik etwa hilft, problematische Patientinnen und Patienten früh herauszufiltern, um sie zu Katarakteingriffen besser zu beraten. So können moderne Bildanalyseverfahren wie OCTTechnologie und Scheimpflugbildgebung mittlerweile subtile Veränderungen wie Wölbungsanomalien der Hornhaut, Veränderungen des Sehnervs oder der Makula entdecken, bevor sie in Erscheinung treten – auch dank KI-Algorithmen. „Für all diese Patienten sind beispielweise Trifokallinsen nicht gut geeignet“, erläutert Auffarth. „In solchen Fällen kommen eher die Standard-Monofokallinsen infrage, in Ausnahmefällen aber auch Monofokal-plus- und Tiefenschärfenlinsen.“

Tiefenschärfenlinsen machen Trifokallinsen Konkurrenz
Auch die Kunstlinsen selbst haben sich stark weiterentwickelt. Neue Herstellungsverfahren – teilweise auch auf KI-Algorithmen basierend konnten den Lichtverlust bei Trifokallinsen von bis zu 20 Prozent auf unter 10 Prozent senken. „Trotz allem sind die trifokalen Linsen nicht frei von Licht-Nebenwirkungen, weshalb sie nicht mehr unangefochten auf Platz eins stehen“, so Auffarth. So sind seit einiger Zeit Tiefenschärfenlinsen auf dem Vormarsch: Nach einer Umfrage der European Society for Cataract and Refractive Surgeons (ESCRS) aus dem Jahr 2023 wurden fast genauso viele Tiefenschärfenlinsen wie Trifokallinsen eingesetzt.

Tiefenschärfe, trifokal, Kombi-Lösung, Monovision, Blended Vision
Um das Ziel der Brillenunabhängigkeit zu erreichen, können beide Optiksysteme aber auch kombiniert werden. „Eine Tiefenschärfenlinse in einem Auge und eine Trifokallinse im anderen kann im Einzelfall eine gute Möglichkeit sein, Nebenwirkungen zu reduzieren“, erläutert Auffarth. „Dies wird oft in Asien angewandt, wo viele stark kurzsichtig sind.“ Zur Wahl steht ferner eine moderne Monovisionsstrategie mit Monofokalplus-Linsen: Ein Auge wird auf 0 Dioptrien eingestellt, das andere leicht kurzsichtig, etwa auf minus 1 Dioptrie. „Man muss allerdings vorher durch einen Kontaktlinsenversuch testen, ob der Patient dies verträgt“, betont Auffarth. Eine weitere Alternative stellt das Verfahren „Blended Vision“ dar. „Dabei setzen wir Tiefenschärfenlinsen so ein, dass eine Linse die Ferne bedient, die andere die Nähe und beide zusammen den Intermediärbereich“, erläutert der DOG-Präsident. „Um die richtige Strategie zu finden, muss ausreichend Zeit investiert werden.“

Künstliche Intelligenz errechnet Linsenstärken
Nach Diagnostik, ausführlicher Beratung und anschließender Wahl des Implantats steht die individuelle Berechnung der Intraokularlinsenstärke an. „Auch auf diesem Gebiet gibt es große Fortschritte, seit moderne mathematische Formeln und neuerdings sogar KI-basierte Linsenberechnungsformeln zum Einsatz kommen“, berichtet Auffarth. „Durch KI ist die Genauigkeit einer Berechnung des postoperativen Ergebnisses im Bereich von 0,25 Dioptrien möglich – das bedeutet de facto Brillenunabhängigkeit.“ Hornhautverkrümmungen und unterschiedliche Hornhautparameter können dabei präzise erfasst und in den Implantaten berücksichtigt werden.

Intelligente Pumpsysteme, regulierter Augendruck und 3D-Brillen
Auch der Eingriff erfolgt immer schonender, immer präziser. Neuartige OP-Mikroskope werden mit 3D-Brillen und einem großen Bildschirm genutzt – Operateur oder Operateurin müssen nicht mehr durch die Okulare schauen, sondern können frei im Raum das OP-Feld sehen. „Bildqualität und Plastizität sind beeindruckend“, sagt Auffarth. Intelligente Pumpsysteme messen die Druckverhältnisse während der Operation, um die Flüssigkeitsmenge im Auge zu regulieren; auch der Augendruck, der bei der Katarakt-OP aufgebaut wird, kann inzwischen so weit heruntergesetzt werden, dass Schäden der Hornhaut und Entzündungsreaktionen minimiert werden. „Insgesamt stehen uns mit erweiterter Diagnostik, Risikominderung des Eingriffes und personalisierten Implantatlösungen heutzutage ganz neue Möglichkeiten beim Katarakt-Eingriff und in der Linsenchirurgie zur Verfügung“, resümiert Auffarth. „Das ist eine Erfolgsgeschichte, die permanent fortgeschrieben wird.“


Kurzsichtigkeit bei Kindern bremsen –
Atropintropfen, Rotlicht, Kontaktlinsen gibt es etwas Besseres als Sonnenlicht?

Kinder, die wegen Kurzsichtigkeit eine Brille tragen, sind schon lange kein ungewöhnlicher Anblick mehr. Als wichtige Ursache gilt vor allem die Tatsache, dass viele Kinder heute nur noch sehr wenig Zeit im Freien verbringen und daher nur selten dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Wie können Eltern am besten gegensteuern? Über verbreitete MyopieBehandlungsansätze, neue Rotlicht-Anwendungen, internationale Studienergebnisse zum Hoffnungsmittel Atropin und den Effekt von Sonnenlicht berichtete Professor Dr. med. Wolf Lagrèze von der DOG auf der Pressekonferenz 2024.

Noch hat die aus Asien bekannte Entwicklung hin zum „Regelfall Kurzsichtigkeit“ sich in Europa nicht im selben Ausmaß wiederholt: Während in südostasiatischen Metropolen bereits 80 bis 90 Prozent der jungen Menschen kurzsichtig sind, liegt dieser Anteil auf unserem Kontinent derzeit bei 30 bis 40 Prozent. „Jeder zehnte davon, also rund fünf Prozent aller Menschen in diesem Alter, bekommt eine so genannte hohe Myopie“, sagt Professor Dr. med. Wolf Lagrèze, Leiter der Sektion Neuroophthalmologie, Kinderophthalmologie und Schielbehandlung der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Darunter verstehen Mediziner eine Kurzsichtigkeit von mehr als -6 Dioptrien. Ab diesem Wert steigt das Risiko für langfristige Netzhautschäden an. „Als besonders kritisch gelten Werte ab -10 Dioptrien“, erläutert Lagrèze. „Dann liegt das Risiko für eine spätere Sehbehinderung durch Makuladegeneration oder Netzhautablösung bei über 50 Prozent.“

Widersprüchliche Ergebnisse zum Wirkstoff Atropin
Kurzsichtigkeit ist also kein ausschließlich kosmetisches Problem. Um schweren Folgeschäden bis hin zu einem Sehverlust im Alter entgegenzuwirken, ist deshalb bereits eine ganze Reihe unterschiedlicher Gegenmittel ersonnen und wissenschaftlich untersucht worden. Zu besonderer Bekanntheit gelangte vor einigen Jahren die Behandlung mit stark verdünnten Atropin-haltigen Augentropfen, die das Längenwachstum des Augapfels bremsen sollten. „In Studien aus dem asiatischen Raum wurden damit gute Ergebnisse erzielt“, berichtet Lagrèze. 1 Das habe zu einer weltweiten Anwendung der niedrig dosierten Atropin-Therapie geführt. „In Europa und den USA blieben vergleichbare Erfolge aber leider bisher aus“, betont der DOG-Experte.

So ergab die irische MOSAIC-Studie, bei der eine Formulierung der Firma Nevakar verwendet wurde, dass eine zweijährige Anwendung von 0,01 prozentigen Atropintropfen das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit im Vergleich zu Placebo nur um 0,1 Dioptrien verringerte. 2 Die amerikanisch-europäische CHAMP-Studie, die die gleiche Formulierung verwendete, verglich Placebo mit 0,01 prozentigem und 0,02 prozentigem Atropin. Ergebnis: Nach dreijähriger Therapie war das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit in der 0,01 prozentigen Gruppe um 0,25 Dioptrien geringer als in der Placebogruppe. 3 „Obwohl dieser Effekt statistisch signifikant war, erscheint es doch übertrieben, ihn als für die Betroffenen wirklich klinisch bedeutsam anzusehen“, erklärt Lagrèze. Mit Spannung würden nun die Ergebnisse der deutschen AIM-Studie erwartet, die die Wirkung von 0,02 prozentigen Atropintropfen in der Formulierung eines deutschen Vertragsherstellers untersucht.

Längerfristige Studien abwarten – und vorsichtig interpretieren
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird die als Myopie-Boom4 bezeichnete Entwicklung jetzt differenzierter betrachtet. „Wir berücksichtigen regionale und ethnisch bedingte Unterschiede stärker“, betont der Freiburger Mediziner. Aufgrund der ernüchternden AtropinErfahrungen werden auch neuartige Myopie-Behandlungsansätze heute vorsichtiger bewertet und hinsichtlich Sicherheit und Reproduzierbarkeit kritischer hinterfragt. „Das gilt für die neuartige Rotlicht-Therapie, bei der die Augen mit einem roten Laserlicht bestrahlt werden, aber auch für multifokale Optiken wie Multisegmentbrillengläser und spezielle Kontaktlinsen“, so Lagrèze. Diese seien zwar bereits weit verbreitet, müssten aber noch in längerfristigen Studien untersucht werden. „Vorsicht bei der Interpretation möglicher Effekte ist auch deshalb angebracht, weil der Einfluss neuer Alltagstrends wie die zunehmende Smartphone-Nutzung auf die Augenentwicklung bislang noch nicht sicher abgeschätzt werden kann“, fügt der DOG-Experte hinzu.

Weil die Kurzsichtigkeit eine so große Bevölkerungsgruppe betrifft, kann ihre Behandlung die Gesundheitssysteme erheblich belasten. „Um so erfreulicher ist es, dass wir mit dem Sonnenlicht über ein wirksames und sogar kostenloses präventives Mittel verfügen“, so Lagrèze. In umfangreichen – ebenfalls asiatischen – Studien ist bereits gut belegt, dass das Risiko für Kurzsichtigkeit mit zunehmender SonnenlichtExposition abnimmt. Eine jüngst publizierte Studie gibt sogar Hinweise darauf, wie die optimale Dosierung aussehen sollte: Demnach muss ein Aufenthalt im Freien mindestens 15 Minuten am Stück dauern, damit das Sonnenlicht seine vorbeugende Wirkung entfalten kann. 5 In der Studie zeigte sich außerdem, dass für einen messbaren Effekt bereits 2000 Lux Tageslicht ausreichen. „Das ist eine Lichtstärke, die sogar an einem bedeckten Wintertag noch erreicht wird“, freut sich Lagrèze.


Korrektur der Alterssichtigkeit mit Kunstlinse –
Hornhautverkrümmung und unerwünschte Lichteffekte
sind die häufigsten Ursachen für Unzufriedenheit

Irgendwann im mittleren Lebensalter ist es bei fast allen so weit: Lesestoff muss in sehr gutes Licht und immer weiter von den Augen entfernt gehalten werden, um noch entziffert werden zu können. Für den Rest des Lebens von einer Lesehilfe abhängig zu sein, ist jedoch ein Gedanke, mit dem sich nicht alle Betroffenen abfinden können. Immer häufiger wird daher die Möglichkeit in Anspruch genommen, sich die „altersstarr“ gewordene Augenlinse entfernen und dafür eine Kunstlinse einsetzen zu lassen. Welche Linsenarten es gibt, wer von einem solchen Eingriff profitiert und welche Ursachen zu Unzufriedenheit führen, zeigt die DOG auf der Pressekonferenz 2023 auf.

Ursächlich für die Alterssichtigkeit ist die nachlassende Elastizität der Augenlinse. Mit zunehmendem Alter verliert diese mehr und mehr die Fähigkeit, sich kugelig abzurunden und so die hohe Brechkraft zu erreichen, die für kurze Distanzen notwendig ist. „In dieser Zeit rückt der Nahpunkt, bis zu dem gerade noch scharf gestellt werden kann, immer weiter vom Auge weg“, erläutert Professor Dr. med. Gerd Auffarth, Ärztlicher Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg. „Dieser Prozess vollzieht sich schleichend und erstreckt sich meist über rund zehn Jahre.“ Oft wird die Alterssichtigkeit daher auch als Altersweitsichtigkeit bezeichnet.

Wer auch im fortgeschritteneren Alter ohne Brille leben möchte, hat heute die Möglichkeit, die Alterssichtigkeit durch eine Operation am Auge korrigieren zu lassen. „Insbesondere, wer sich schon in jungen Jahren hat lasern lassen, um brillenfrei zu sein, empfindet diese erneute Brillenabhängigkeit als sehr einschränkend“, berichtet Auffarth. Bei der Korrektur wird die natürliche Linse entfernt und eine Kunstlinse an ihre Stelle gesetzt. Um den Eingriff von der prinzipiell gleich ablaufenden Grauen-Star-Operation abzugrenzen, spricht man hier auch vom refraktiven – also nur zur Verbesserung der Sehschärfe vorgenommenen – Linsenaustausch.

„Heute stehen für diese Anwendung mehrere Arten von Intraokularlinsen zur Verfügung“, sagt Auffarth. „Am bekanntesten sind die sogenannten Trifokallinsen, die das Licht auf drei unterschiedliche Brennpunkte verteilen und so eine gute Sehschärfe im Nah-, Fern- und Zwischenbereich ermöglichen.“ Darüber hinaus gibt es Linsen mit zwei oder vier Brennpunkten, sowie monofokale Linsen – letztere können jedoch mit ihrer Festlegung auf einen Brennpunkt keine Brillenunabhängigkeit bewirken und werden daher in der refraktiven Augenchirurgie nur selten eingesetzt.

Völlige Brillenfreiheit, also gute Sehschärfe in allen Bereichen, hat jedoch einen physikalisch bedingten optischen Preis: Durch die Verteilung des Lichts auf mehrere Brennpunkte entstehen Überlappungszonen, die zu unerwünschten Lichteffekten führen – etwa einer erhöhten Blendempfindlichkeit und dem Entstehen von Höfen um Lichtquellen, sogenannten Halos. „Sie können besonders nachts im Straßenverkehr sehr störend wirken und im Einzelfall sogar zur Entfernung der Intraokularlinse führen. Wer beruflich oder privat häufig im Dunkeln Auto fährt, sollte daher möglicherweise auf den Einsatz von Multifokallinsen verzichten“, rät Auffarth.

Das Problem der Halo-Bildung adressieren neuere, sogenannte Tiefenschärfelinsen („extended depth of focus“, EDOF), die nach dem Prinzip der Gleitsichtbrille weichere Übergänge zwischen den Sehbereichen ermöglichen und die Sicht auch bei schwierigen Lichtverhältnissen verbessern sollen. „Mit EDOF-Linsen wird der Fernund Zwischenbereich zuverlässig abgedeckt, im Nahbereich kann zum Teil jedoch noch eine Brille notwendig sein“, sagt Auffarth. Auch verschwinde der Halo-Effekt nicht ganz. Generell gelte es, alle Optionen mit dem Patienten gemeinsam zu besprechen und die Vor- und Nachteile vor dem Hintergrund der individuellen Bedürfnisse und Lebenssituation abzuwägen. „Die eine Intraokularlinse, die für alle Patientinnen und Patienten geeignet ist, gibt es nicht“, betont Auffarth.

Generell ist die Patientenzufriedenheit nach einem refraktiven Linsenaustausch jedoch sehr hoch, wie der erfahrene Augenarzt berichtet. „In manchen Fällen wird die Performance der Linse insgesamt als sehr gut bewertet, der oder die Betroffene ist aber mit einem Teilbereich unzufrieden – etwa nur mit der Fernsicht oder nur mit dem Zwischenbereich“, erläutert der DOG-Experte. „In diesen Fällen kann eine Hornhautverkrümmung vorliegen, die bei der Intraokularlinsenberechnung nicht oder nur unzureichend korrigiert worden ist.“ Die Hornhaut sollte daher vor dem Linsenaustausch stets genau untersucht werden.

Der Linsenaustausch selbst ist in der Regel unkompliziert und dauert nur rund 20 Minuten. „Es handelt sich grundsätzlich um ein sehr sicheres Verfahren, das bei der Grauen-Star-Operation bereits millionenfach erprobt wurde“, sagt Auffarth. Dennoch gebe es Restrisiken, über die aufgeklärt werden müsse. In extrem seltenen Fällen, etwa wenn bei der Operation Keime in das Auge gelangen und es zu einer Infektion kommt, könnten diese bis zur Erblindung reichen. Bei zuvor stark kurzsichtigen Menschen könne der Eingriff auch das Risiko für eine Netzhautablösung erhöhen. „Bei der Alterssichtigkeit handelt es sich streng genommen nicht um eine Erkrankung, sondern um eine normale Alterserscheinung“, betont Auffarth. „Nutzen und Risiko müssen bei einem solchen Eingriff, der im Prinzip ‚nur‘ eine Lifestyle-Verbesserung erzielen soll, daher besonders gut gegeneinander abgewogen werden.“


Digitaler Augenstress – Gleitsichtbrille und Blinzelstarre können Kopfschmerz auslösen

Kopfschmerzen können auch von den Augen ausgehen. „Vor dem Hintergrund der allgemein zunehmenden Bildschirmnutzung ist das mittlerweile sogar häufig der Fall“, sagt Professor Dr. med. Wolf Lagrèze. Der DOG-Experte erläutert, was gegen das sogenannte Computer Vision Syndrom hilft, warum die Gleitsichtbrille am Rechner nicht immer eine gute Idee ist und welche weiteren Augenprobleme Kopfschmerzen triggern.

Der intensive Gebrauch digitaler Bildschirmgeräte stellt unsere Augen vor neue Herausforderungen – längere Computernutzung kann beispielsweise das Computer Vision Syndrom (CVS) auslösen. „Studien weisen darauf hin, dass jeder Zweite, der Computer und Smartphones intensiv nutzt, unter CVS leidet“, sagt Lagrèze, der als Leiter der Sektion Neuroophthalmologie, Kinderophthalmologie und Schielbehandlung an der Universitätsaugenklinik Freiburg tätig ist. Zu den Leitsymptomen des CVS zählen auch Kopfschmerzen und Augenbrennen, die von chronischer Fehlhaltung und gereizten Augen herrühren.

Bewusste Lidschläge und regelmäßiges Lüften
„Wir steuern am Computer mit der Maus den Cursor“, erläutert der Freiburger Augenarzt. „Damit wir die Bewegungen gut koordinieren können, sinkt unbewusst die Blinzelfrequenz.“ Das Resultat: Die Augen werden nicht mehr gut mit Tränenflüssigkeit befeuchtet, der Tränenfilm wird instabil und die Augen beginnen zu brennen. „Mit der Zeit wird es manchmal ein Schmerz in Richtung Kopf“, sagt Lagrèze. Er empfiehlt, am Rechner öfter Pausen einzulegen, alle paar Minuten in die Ferne zu schauen und bewusst zu blinzeln oder gar die Augen für ein paar Sekunden zu schließen. „Wohltuend für die Augen ist es auch, weniger zu heizen und regelmäßig zu lüften, um die Luft feuchter zu halten“, rät der DOG-Experte.

Gleitsichtbrille fördert Fehlhaltungen
Wer sich dem 50. Lebensjahr nähert und registriert, dass sich Kopfschmerzen vor dem Computer einstellen, sollte zuerst an eine Alterssichtigkeit denken, die das Sehen im Nahbereich erschwert und dadurch zu Ermüdung und Druckgefühl im Kopf führt. „Eine Nahbrille schafft Abhilfe, aber dieser Schritt wird oft hinausgezögert“, weiß Lagrèze. Eine Gleitsichtbrille mit Nahteil hilft ebenfalls gegen Alterssichtigkeit, kann zugleich aber auch wieder Kopfweh triggern. „Denn wir sitzen wie eingefroren und bewegen den Kopf und die Wirbelsäule nicht mehr, um mit der Gleitsichtbrille die beste Schärfe auf dem Bildschirm festzuhalten“, erläutert Lagrèze. Das führt zu Fehlhaltungen, die Kopfschmerzen begünstigen. „Die Lösung ist, sich eine extra Computerbrille anfertigen zu lassen, etwa als monofokale Brille für ungefähr 80 Zentimeter Sehentfernung“, sagt der DOG-Experte.

Falsche Sehhilfen triggern Kopfweh
Überhaupt stellen Fehlsichtigkeiten einen häufigen Grund für augenbedingte Kopfschmerzen dar. „Sind Kurz- oder Weitsichtigkeit nicht erkannt oder korrigiert, überanstrengen wir unsere Augen“, erläutert Lagrèze. „Als Reaktion setzen abends Kopfschmerzen ein.“ Das gilt auch für den Fall, dass Brille oder Kontaktlinsen nicht die richtige Stärke besitzen oder ein „verstecktes“ Schielen vorliegt, das durch verstärkte Augenmuskelarbeit kompensiert wird. „Mit Sehtests und Augenuntersuchungen finden wir die Ursache und passen die Sehhilfen korrekt an“, so Lagrèze. Die Kopfschmerzen verschwinden dann meist.

Augenleiden als Auslöser
Darüber hinaus können hinter Kopfschmerzen auch Augenerkrankungen stecken, die etwa von der Hornhaut, der Bindehaut, der Augenhöhle oder Leder- und Regenbogenhaut herrühren – im Extremfall sind starke Kopfschmerzen die Folge eines akuten Glaukom-Anfalls, eines augenärztlichen Notfalls, oder einer Riesenzellarteriitis. „Solche Augenleiden sind jedoch insgesamt eher selten der Auslöser für Kopfweh“, beruhigt Lagrèze. Viel häufiger handle es sich mit über 90 Prozent aller Fälle um Spannungskopfschmerz oder Migräne. „Es ist aber in jedem Fall ratsam, bei chronischen Kopfschmerzen einmal auch die Augenärztin oder den Augenarzt aufzusuchen“, rät der DOG-Experte.


Irisfarbe – ein wenig beachteter Risikofaktor

Von hellem Blau oder Grau über grünliche bis hin zu tiefbraunen Tönen: Die Iris oder Regenbogenhaut des Auges kann eine ganze Palette von Farbschattierungen annehmen. Doch die Augenfarbe bestimmt nicht nur einen wesentlichen Teil des äußeren Erscheinungsbildes. Wie man heute weiß, hängt die Farbe der Iris auch mit der Neigung zu bestimmten Augenerkrankungen und dem Ergebnis etwa von Hornhauttransplantationen zusammen. Dass die Augenfarbe hier als unabhängiger Risikofaktor wirkt, sei lange Zeit wenig beachtet worden, so die DOG. Experten der Fachgesellschaft geben einen Überblick darüber, was über diesen Zusammenhang bekannt ist.

Welche Augenfarbe ein Mensch hat, hängt davon ab, wie hoch die Konzentration an Melanin in seiner Iris ist – des Farbstoffs also, der neben der Augen- auch die Haut- und die Haarfarbe bestimmt. „Das Melanin hat dabei immer dieselbe bräunliche Farbe – auch grüne und blaue Augen besitzen keine anderen Farbstoffe“, erläutert Professor Dr. med. Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln und Generalsekretär der DOG. Die anderen Farbschattierungen beruhten auf Lichtbrechungseffekten, die bei verschiedenen Melaningehalten zum Tragen kämen.

Ganz ohne Melanin – wie bei Menschen mit der angeborenen Pigmentstörung Albinismus – bleiben die Augen sehr hell, je nach Lichteinfall kann sogar der rote Augenhintergrund hindurchschimmern. „Bei Menschen mit okulärem Albinismus ist bekannt, dass die Augenentwicklung insgesamt beeinträchtigt ist“, sagt Cursiefen. Weil Melanin nicht nur in der Iris, sondern auch im Pigmentepithel der Netzhaut enthalten ist, kann es ohne diesen Farbstoff zu deutlichen Fehlentwicklungen im Augenhintergrund und nachfolgenden Sehstörungen kommen.

Helle Augen: Höheres Risiko für Aderhaut-Tumoren und AMD

Doch auch wenn man vom Extremfall der Pigmentstörung absieht, kann sich der Melaningehalt der Iris auf die Augengesundheit auswirken. Denn so wie in der Haut schützt das Melanin auch in der Iris vor dem Einfluss des Sonnenlichts. Es filtert sowohl den sichtbaren Teil des Lichtspektrums – Menschen mit sehr hellen Augen reagieren daher besonders empfindlich auf starken Lichteinfall – als auch dessen UVAnteil. Bei niedrigerem Melaningehalt steigt deshalb auch das Risiko, an einem so genannten uvealen Melanom zu erkranken, einem aggressiven Tumor der Aderhaut. 1 „Dieser Krebstyp ist zwar sehr selten, er findet sich jedoch bei Menschen europäischer Abstammung 20 bis 30 mal häufiger als bei Menschen asiatischer oder afrikanischer Abstammung“, erläutert Professor Dr. med. Nikolaos Bechrakis, Präsident der DOG und Direktor der Universitätsaugenklinik Essen.

Mit einem geringeren Schutz vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichts lässt sich vermutlich auch die Beobachtung erklären, dass Menschen mit hellen Augen eher eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) entwickeln als Menschen mit dunklen Augen. „Bei der Entstehung der AMD spielen freie Radikale, oxidativer Stress und die Ansammlung von Abfallprodukten im Bereich der Netzhaut eine Rolle – Prozesse, die durch UV-Licht verstärkt werden“, erläutert Cursiefen. Ein Zusammenhang zwischen Augenfarbe und AMD-Risiko sei zwar nicht in allen Studien gefunden worden, so der Experte. „Eine umfangreiche Metaanalyse mit fast 130 000 Teilnehmenden konnte jedoch belegen, dass zumindest die feuchte Form der AMD bei Menschen europäischer Herkunft deutlich häufiger ist als bei Menschen mit asiatischen oder afrikanischen Wurzeln“, berichtet der Kölner Augenarzt. 2 Ob dies hauptsächlich auf die Augenfarbe zurückzuführen ist, oder ob auch andere genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist allerdings noch unklar.

Dunkle Augen: Mehr Grauer Star, häufiger Komplikationen bei Transplantationen

Bei der Entwicklung einer Linsentrübung, auch Grauer Star oder Katarakt genannt, sind Dunkeläugige dagegen im Nachteil. Diese Augenerkrankung entwickelt sich bei Menschen mit braunen Augen zwei bis viermal so häufig wie bei blauäugigen Menschen – ein Effekt, der auch innerhalb der weißen Bevölkerung nachgewiesen wurde und somit von der Ethnie unabhängig zu sein scheint. 2 „Eine Theorie hierzu besagt, dass in der vorderen Augenkammer eine umso höhere Temperatur herrscht, je mehr Licht durch die Iris absorbiert wird“, erläutert Cursiefen. Bei dunkler Iris wäre demnach mit einer leicht erhöhten Temperaturbelastung zu rechnen, die wiederum einen bekannten Risikofaktor für die Entstehung des Grauen Stars darstellt. So ist die hitzebedingte Katarakt etwa bei Schweißern als Berufskrankheit anerkannt.

Auch das Ergebnis operativer Eingriffe am Auge kann von der Augenfarbe abhängen. Bei einer Hornhauttransplantation, bei der die Hornhaut in ihrer gesamten Dicke ausgetauscht wird („perforierende Keratoplastik“), werden Abstoßungsreaktionen und andere Komplikationen häufiger beobachtet, wenn die Iris dunkel ist. „Hier wird ein Einfluss des Melanins auf das Immungeschehen in der vorderen Augenkammer vermutet“, sagt Cursiefen. Womöglich verstärke das Pigment entzündliche Prozesse.

Unabhängig von dieser Beobachtung nimmt die Zahl der klassischen, perforierenden Hornhauttransplantationen seit einigen Jahren stark zugunsten minimal invasiver Techniken ab. In einer eigenen Arbeit haben Cursiefen und Kollegen daher die Komplikationsrate bei der minimal invasiven DMEK („Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty“) untersucht, bei der lediglich die innerste Schicht der Hornhaut transplantiert wird. „Hier konnten wir keinen Effekt der Augenfarbe auf das Transplantatüberleben nachweisen“, so Cursiefen.3 Offenbar sei es durch den wesentlich schonenderen Ansatz gelungen, eine Immunaktivierung im Auge zu vermeiden und so den Einfluss des Melanins auszuschalten.

Ziel ist, erhöhte Risiken durch die Irisfarbe auszugleichen

„Die Beispiele zeigen, dass scheinbar unbedeutende Faktoren wie die Augenfarbe im klinischen Alltag durchaus relevant sein könnten“, so das Resümee der DOG-Experten. Nun gelte es, diese komplexen Zusammenhänge weiter zu definieren, bei der Behandlung zu berücksichtigen und, wo immer möglich, erhöhte Risiken und Nachteile auszugleichen.


Wenn Schlanksein einmal kein Vorteil ist –
Studien zeigen: Zusätzliche Pfunde schützen vor Grünem Star

Wer einige Pfunde zu viel mit sich herumträgt, für den halten die Nachrichten aus Wissenschaft und Forschung selten etwas Gutes bereit. Über eine bemerkenswerte Ausnahme von dieser Regel berichten nun gleich zwei Studien, die Forschende aus Australien und den USA veröffentlichten. Wie sie zeigen, ist ein leicht erhöhter Body-Mass-Index (BMI) offenbar mit einem geringeren Risiko verbunden, an einem Glaukom zu erkranken. Auch das Voranschreiten eines bereits diagnostizierten Glaukoms ging weniger schnell vonstatten, wenn der BMI etwas über Normalgewicht lag. Die DOG – Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft nimmt die im American sowie im British Journal of Ophthalmology veröffentlichten Studien zum Anlass, über das Glaukom und bekannte Risikofaktoren aufzuklären.

Das Glaukom, landläufig auch als Grüner Star bezeichnet, ist eine häufige Augenerkrankung, von der allein in Deutschland mehr als 900.000 Menschen betroffen sind. Unbehandelt droht ihnen ein fortschreitender und irreversibler Verlust des Sehvermögens, der bis zur vollständigen Erblindung führen kann. „Das Tückische am Glaukom ist, dass es zunächst symptomlos verläuft und daher lange Zeit unbemerkt bleiben kann“, sagt Professor Dr. med. Alexander Schuster von der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Mainz. „Es ist nicht mit Schmerzen verbunden, und viele Betroffene merken zunächst auch nicht, dass ihr Gesichtsfeld kleiner wird.“ Meist werden die Veränderungen erst bei einer augenärztlichen Früherkennungsuntersuchung festgestellt.

Diese sollte daher unbedingt in regelmäßigen Abständen wahrgenommen werden. Weil das Glaukomrisiko mit zunehmendem Alter ansteigt, wird ein Screening spätestens ab dem 40. Lebensjahr empfohlen. „Bei Menschen mit Risikofaktoren sollten die Untersuchungen sogar noch früher beginnen“, betont der DOG-Experte, der in Mainz auch eine Professur für ophthalmologische Versorgungsforschung innehat. Dazu zählen etwa Personen, bei deren Eltern oder Geschwister schon Glaukom-Erkrankungen aufgetreten sind, stark kurzsichtige Menschen mit mehr als vier Dioptrien oder Personen mit dunkler Hautfarbe. Der wichtigste Risikofaktor ist jedoch ein zu hoher Augeninnendruck. „Nach den bekannten Risikofaktoren richtet sich auch der Abstand, in dem die augenärztlichen Untersuchungen wiederholt werden sollten – er kann zwischen einem und fünf Jahren liegen“, so Schuster.

Die australische und die US-amerikanische Studie deuten nun übereinstimmend darauf hin, dass auch besonders schlanke Menschen häufiger von einem Glaukom betroffen sind. Beide Studien befassten sich mit der häufigsten Glaukomform, dem so genannten primären Offenwinkelglaukom. Dieses wurde umso häufiger diagnostiziert, je niedriger der Body-Mass-Index der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag. Auch das Voranschreiten des Sehfeldverlustes ging bei untergewichtigen Personen schneller vonstatten als bei Menschen mit Normal- oder geringem Übergewicht. „Zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und dem Glaukomrisiko gab es bisher widersprüchliche Studienergebnisse“, sagt Schuster. In die erst kürzlich aktualisierte Leitlinie zur Bewertung von Risikofaktoren für das Offenwinkelglaukom wurde das Körpergewicht daher nicht mit einer konkreten Empfehlung aufgenommen. „Die aktuellen Studien verschieben die Bilanz in Richtung einer möglichen Schutzwirkung, die von normalen bis gering erhöhten BMI-Werten ausgehen könnte“, so der Mainzer Ophthalmologe. Die Forschung vermutet, dass Untergewicht insgesamt anfälliger für Krankheiten macht.

Ob der Gewichtseffekt in der Screening-Entscheidung auf Glaukom berücksichtigt werden sollte, bleibt abzuwarten. „Sicherlich ist das Körpergewicht nicht der ausschlaggebende Risikofaktor für oder gegen eine Vorsorgeuntersuchung“, betont Schuster. Der DOG-Experte plädiert dafür, im Zweifel eher einmal zu viel oder zu früh zu untersuchen als zu spät: „Sehnervenfasern, die einmal zugrunde gegangen sind, sind unwiederbringlich verloren. Wird das Glaukom jedoch rechtzeitig erkannt, lässt sich der Gesichtsfeldverlust meist mit Augentropfen oder Laserverfahren einfach und sicher aufhalten.“